Die Bundeswehr kann schwere Waffen nicht entbehren, sagt Vize-Generalinspekteur Laubenthal zur Forderung der Ukraine. Dies hält Sicherheitsexperte Masala nicht für glaubwürdig.
Schützenpanzer etwa für Ausbildungszwecke ließen sich nicht einfach liefern, das würde "die [deutsche] Verteidigungsfähigkeit erheblich schwächen", so Generalleutnant Markus Laubenthal, stellv. Generalinspekteur der Bundeswehr.
In der Debatte um Militärunterstützung für die Ukraine hat der stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr, Markus Laubenthal, einer Lieferung von schweren Waffen vonseiten der Bundeswehr eine Absage erteilt. Laubenthal sagte am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin:
Auch der Panzer des Typs Marder werde für die vielfältigen Verpflichtungen unter anderem in den Nato-Verbänden noch gebraucht.
Durch die Berichterstattung der vergangenen Jahre sei weithin bekannt, in welchem Zustand die Bundeswehr sei und "das ist auch der Grund, warum wir das Sondervermögen brauchen", sagte Laubenthal weiter. Damit könnten auch die materiellen Lücken geschlossen werden.
Kanzler Scholz hat sich geäußert: Eine Finanzierung von Waffenwünschen der Ukraine soll gemäß Absprachen erfolgen, eine schnelle Lieferung von schweren Waffen dagegen blieb nach wie vor unerwähnt.
Laubenthal: "Würde Verteidigungsfähigkeit schwächen"
Die von der Ukraine geforderten Marder-Panzer, die von der Bundeswehr zur Ausbildung genutzt werden, könnten nicht einfach übergeben werden, sagte Laubenthal.
Zudem gebe es dann keine Möglichkeit mehr, sich an der Battlegroup in der Slowakei zu beteiligen und auf Eventualitäten zu reagieren. "Das würde die Verteidigungsfähigkeit doch erheblich schwächen."
Außerdem sei der Marder ein Kampfsystem, das in seiner Gesamtheit bedient werden müsse. Zwar ließe sich die Ausbildung verkürzen, "aber dennoch ist es immer noch eine Frage von Wochen". Zudem müsse das Gerät hergerichtet werden.
Masala: "Nicht glaubwürdig"
Der Sicherheitsexperte Carlo Masala bezweifelt dagegen die Darstellung, dass die Bundeswehr überhaupt keine schweren Waffen entbehren könne, um sie an die Ukraine zu liefern. "Die Position, dass wir keine (Schützenpanzer) Marder geben können, erscheint mir nicht glaubwürdig, weil es sicher noch ein paar Marder in der Umlaufreserve gibt", sagte der Professor von der Universität der Bundeswehr in München im ZDF-Morgenmagazin.
Die einen sagen, wir können den [Schützenpanzer] Marder erst liefern, wenn die gesamte Logistikkette steht, die anderen sagen, wir können ihn sofort liefern und um die Logistikkette kümmern wir uns später“, so der Verteidigungsexperte Prof. Carlo Masala.
Umlaufreserve meint, dass ein im Training kaputtgegangener Schützenpanzer durch einen anderen ersetzt und der kaputte repariert wird. "Da wird es ein paar geben, die könnte man sicherlich mit einem verkürzten Training relativ schnell in die Ukraine bringen. Aber da gibt es halt erhebliche Widerstände", sagte Masala.
Hofreiter: Traue Ukrainern Bedienung deutscher Waffen zu
Auch der Grünen-Politiker Anton Hofreiter plädiert für eine möglichst schnelle Aushändigung von schweren Waffen an die Ukraine, die seiner Ansicht nach aus Deutschland geliefert werden könnten.
"Ich war in der Ukraine - da hat man mir gesagt, sie hätten gerne das westliche Material jetzt, damit sie eben genau die Zeit haben, ihre Soldaten an diesem Material zu trainieren", bevor ihre jetzigen sowjetischen und russischen Waffen kaputtgeschossen sind, sagte Hofreiter im ZDF-Morgenmagazin.
Der Zeitpunkt für die Lieferung schwerer Waffen sei gekommen, da die Ukrainer noch "die Zeit hätten, ihre Soldaten an diesem Material zu trainieren", so Grünen-Politiker Hofreiter.
Er traue den ukrainischen Streitkräften die Bedienung von schweren Waffen zu:
Botschafter Melnyk fordert Marder-Panzer
Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hatte zuvor im ZDF die Forderung nach schweren Waffen für die Ukraine bekräftigt und dabei auf die zu Ausbildungszwecken eingesetzten Marder-Panzer verwiesen. "Wir glauben, dass die Bundeswehr fähig wäre, uns die Waffen zu liefern, die wir gerade benötigen", sagte Melnyk am Dienstagabend im ZDF.
Die Bundeswehr habe nach seinen Angaben über 400 Marder-Schützenpanzer. "Und nur ein geringer Teil ist eingebunden in Missionen", so Melnyk weiter.
Scholz lehnt Lieferung von Panzern ab
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte der Ukraine nach einer Videokonferenz mit Partnern der G7-Staatengruppe und der Nato am Dienstag weitere militärische und finanzielle Unterstützung zugesagt. Die Lieferung von Panzern aus Beständen der Bundeswehr lehnte er aber ab. Kritik an der Haltung des Kanzlers kommt nicht nur von der Opposition, sondern auch aus den Reihen der Koalition.
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