Puma-Schützenpanzer: Wer ist schuld am Totalausfall?
FAQ
Lambrecht gibt Industrie Schuld:Warum der Puma so ein Pannen-Panzer ist
von Nils Metzger
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Totalausfall im Manöver: Der Bundeswehr-Schützenpanzer Puma macht erneut Probleme. Ministerin Lambrecht stellt die Industrie an den Pranger. Woran hängt es beim Milliardenprojekt?
Lambrecht ging darum am Montag in die Offensive und verkündete einen Stopp weiterer Puma-Bestellungen. Die Hersteller seien in der Pflicht, die Probleme schnell zu beheben. "Da erwarte ich keine Zusagen innerhalb vieler Wochen, sondern innerhalb weniger", sagte Lambrecht im ZDF.
Welche neuen Probleme gibt es beim Puma?
Bei Übungen der Panzergrenadierbrigade 37 waren innerhalb weniger Tage alle 18 eingesetzten Puma-Panzer mit Technikmängeln ausgefallen. Das Wetter soll der komplexen Elektronik Probleme bereitet haben. Eine interne Untersuchung soll nun die Details klären.
Der Großverband inklusive Pumas war der Nato für 2023 als Kern ihrer Schnellen Eingreiftruppe zugesagt. Stattdessen muss die Bundeswehr nun mit veralteten Marder-Schützenpanzern Russland abschrecken. Erneut ist Deutschland auf der internationalen Bühne militärisch bloßgestellt.
Wer ist schuld an den Puma-Problemen?
Der Militärexperte Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik hält Lambrechts massive Kritik an den Herstellern für verfehlt:
Sie stehe unter Druck und wolle Stärke beweisen, so Mölling. "Bei Rüstungsprojekten legt man sich auf eine jahrzehntelange Partnerschaft fest. Da macht der Ton schon etwas die Musik." Dabei sei Lambrecht für die aktuellen Ausfälle und Entscheidungen früherer Minister eigentlich nicht verantwortlich.
"Natürlich war es politisch gewünscht, dass der Puma einsatzbereit ist. Aber wie bei so vielen deutschen Rüstungsprojekten hat hier das Gesamtsystem versagt", betont Mölling.
Warum ist der Puma so fehleranfällig?
Die Entwicklung des Puma zieht sich seit den späten 1990er Jahren – trotzdem ist er bislang nicht voll einsatzfähig.
"Viele der Anforderungen an den Puma haben sich im Laufe der Zeit geändert. Was er alles können muss, etwa mit Blick auf Geschwindigkeit oder Gewicht", so Mölling zu ZDFheute. Das habe viel Zeit und Geld gekostet und Probleme nach sich gezogen. Die 2009 vom Verteidigungsministerium bestellten und ab 2015 ausgelieferten ersten 350 Exemplare kosten fast sechs Milliarden Euro. Im April sollen davon lediglich 150 einsatzbereit gewesen sein.
Gerade unterzieht die Bundeswehr den Puma einer Serie von Belastungstests. "Man fährt ihn auf den Übungsplatz und nutzt ihn so lange, bis er nicht mehr funktioniert", beschreibt Mölling. "Dass das eintritt, ist dann auch kein Problem mit dem Panzer an sich, sondern mit der Logistikkette dahinter. Man muss ihn konstant instand halten. Und das hat man im aktuellen Fall offenbar nicht getan."
Auch an diesen Wartungsprozessen sind Bundeswehr wie Hersteller gemeinsam beteiligt. Ohne Absprachen mit der Bundeswehr, ohne staatliche Aufträge, könnten die Hersteller gar nicht aktiv werden. In Vorleistung gehen, um jederzeit flexibel liefern zu können, wie es manche Politiker bereits forderten, kann die in Deutschland privat organisierte Rüstungsindustrie rechtlich wie wirtschaftlich kaum.
Die Puma-Hersteller Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann wollten sich gegenüber ZDFheute nicht äußern.
Was wäre die Folge eines Puma-Bestellstopps?
Aus dem Puma-Projekt auszusteigen hätte massive Auswirkungen auf die Bundeswehr - finanziell und strukturell. Bis 2025 haben Lambrecht und Generalinspekteur Eberhard Zorn der Nato eine voll einsatzbereite Division mit rund 30.000 Soldaten zugesagt. Der Puma wäre wesentlicher Bestandteil und schon zuvor gab es erhebliche Zweifel an der Umsetzbarkeit des Projektes.
"Wenn sie jetzt noch auf die Bremse treten und keinen Puma mehr kaufen, muss es eine Alternative geben. Die auf dem Weltmarkt zu finden, zu bestellen und einzuführen, dauert aber mindestens fünf Jahre", sagt Mölling. Ein Puma-Kaufstopp hätte damit unmittelbar zur Folge, dass Deutschland eines seiner zentralen Nato-Versprechen nicht einhalten könnte.
Und die Folgen reichen noch weiter: Ohne frisch vom Band rollende Pumas könnte die Einsatzbereitschaft in der Truppe noch weiter sinken. Denn auch die 210 nun auf Eis liegenden Pumas waren bereits verplant – etwa um jene Pumas zeitweise zu ersetzen, die zurück in die Werkstatt müssen, um ihre vielfältigen Kinderkrankheiten auszubessern. Zieht Lambrecht ihre Drohung durch, stehen Soldaten womöglich bald mit noch weniger Material da.
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