Die Wehrbeauftragte Eva Högl hat angesichts rechtsextremistischer Vorfälle in der Bundeswehr die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht gefordert. Und erntet viel Kritik.
Die aufkommende Sommerpause im parlamentarischen Berliner Betrieb war noch keinen Tag alt, da meldete sich die neue Wehrbeauftragte laut und vernehmlich zu Wort. Eva Högl wählte für ihren ersten großen Aufschlag in neuer Funktion ein heißes Eisen - die Wehrpflicht.
Sie halte es für "einen Riesenfehler, dass die Wehrpflicht ausgesetzt wurde." Ihre Begründung: Es tue der Bundeswehr sehr gut, "wenn ein großer Teil der Gesellschaft eine Zeitlang seinen Dienst leistet. Das erschwert es auch, dass sich Rechtsextremismus in der Truppe breit macht."
Eva Högls Gleichung: Wehrpflicht = kein Rechtsextremismus in der Truppe. Keine Wehrpflicht = Rechtsextremismus in der Truppe. Doch das ist zu kurz gedacht.
Wehrbeauftragte Högl wirbt vor dem Hintergrund rechtsextremer Vorfälle bei der Bundeswehr für die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer lehnt das ab, kündigt dafür einen neuen Freiwilligendienst an.
Bundeswehrverband lehnt Wehrpflicht ab
André Wüstner, Vorsitzender des Bundeswehrverbandes erklärt gegenüber dem ZDF, dass er "keine Studie kenne, die sagt, dass wir seit Aussetzen der Wehrpflicht mehr Rechtsextremismus in der Bundeswehr haben."
Wüstner gibt aber auch zu, dass es natürlich einen Unterschied mache, "ob ich aus der Breite der Gesellschaft einziehe oder vielleicht nur bei Menschen, die in einer gewissen Art und Weise vororientiert sind auf das Militärische." Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht in der alten Form lehnt er ab - aber reden müsse man, über das, was schief gelaufen sei.
Das Problem des Rechtsextremismus innerhalb der Truppe müsse nun so konsequent angegangen werden, wie es von der Bundesverteidigungsministerin erst kürzlich ziemlich radikal ankündigt wurde.
Hälfte der Deutschen für Wiedereinführung der Wehrpflicht
46 Prozent der Deutschen meinen, dass Rechtsextremismus in der Bundeswehr "sehr weit" und "weit" verbreitet sei. Vor diesem Hintergrund sind 50 Prozent der Meinung, dass die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht wieder eingeführt werden sollte (dagegen sind 47 Prozent). Das sind Zahlen des aktuellen ZDF-Politbarometers. Zahlen, die durchaus für die These der Wehrbeauftragten sprechen.
Doch, machen wir uns ehrlich: Wohl jeder aus der Generation 35+ kennt jemanden, der aus alten Bundeswehrzeiten erzählen kann. Geschichten von derben, durchaus auch rassistischen Sprüchen, von martialischen "Bewährungsproben", von der mehr oder weniger leisen Begeisterung einzelner junger Männer für nationalistisches Gedankengut.
"Größten Bedrohungen für die Sicherheit Deutschlands"
Rechtsextremismus in der Truppe gab es schon immer - damals wie heute. So wie leider überall in der deutschen Gesellschaft. Und das ist die eigentliche Schande, wie es Horst Seehofer bei der Vorstellung des aktuellen Verfassungsschutzberichts nannte. "Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus sind die größten Bedrohungen für die Sicherheit Deutschlands", so der Bundesinnenminister.
An der Beseitigung dessen muss gearbeitet werden. Überall. In Schulen, in (Sport-)Vereinen, in der Truppe - und zwar ganz ohne Wiederbelebung der Wehrpflicht.
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AKK gegen Rückkehr zur Wehrpflicht
Die Wehrpflicht wurde 2011 ausgesetzt. Nun wird nach einem Vorstoß der Wehrbeauftragten Högl über die Wiedereinführung diskutiert. Die Verteidigungsministerin hat eigene Pläne.