Mängel und materielle Defizite bei der Bundeswehr: In ihrem Jahresbericht nennt die Wehrbeauftragte Eva Högl die Bedingungen der Truppe in Einsätzen "alarmierend".
Die Einsatzbereitschaft von Großgeräten im Jahr 2021 habe teilweise nur knapp 50 Prozent betragen, kritisiert die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, in ihrem Jahresbericht.
"Das ist völlig inakzeptabel. Und das muss verbessert werden", schreibt die SPD-Politikerin. Die Männer und Frauen in den Streitkräften riskierten im Ernstfall ihr Leben - sie hätten Anspruch auf "bestmögliche und vollumfängliche Ausstattung".
Högl: Kein Gespräch ohne Hinweis auf Mängel
Berichte der Soldaten dazu machten sie "sehr bestürzt", so Högl. Wenn dies schon im Einsatz nicht gewährleistet sei, so überrasche es wenig, dass es im Grundbetrieb - also dem Dienst in Deutschland - nicht anders aussehe, so Högl. Vom Anspruch "Train as you fight" (Trainiere wie Du kämpfst) sei die Bundeswehr "immer noch - leider - weit entfernt". Es vergehe kein Truppenbesuch und kein Gespräch, bei dem ihr nicht von Mängeln berichtet werde.
Högl fordert, in Material und Infrastruktur zu investieren, und zwar in "die persönliche Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten, in Funkgeräte, in Großgerät wie etwa den schweren Transporthubschrauber, das Luftkampfsystem FCAS, in Schiffe und Boote und die Tornado-Nachfolge".
Die Strukturen bei Planung und Beschaffung müssten modernisiert und das hochkomplexe Vergaberecht für militärische Beschaffungen vereinfacht werden.
Högl: Kein Spielraum für Amtshilfe bei Flüchtlingen
Neben der materiellen sei auch die personelle Ausstattung ein Thema, das die Truppe beschäftige, so Högl. Zwar sei die Bundeswehr mit 183.695 Soldatinnen und Soldaten grundsätzlich ausreichend gut aufgestellt.
Die vielfältigen Aufgaben und auch die Amtshilfe, die die Bundeswehr in der Corona-Pandemie und nach der Flutkatastrophe geleistet habe, offenbarten jedoch, dass die personellen Spielräume und Reserven begrenzt seien. Sie sehe daher keine Möglichkeit, die Bundeswehr bei der Versorgung ukrainischer Flüchtlinge einzusetzen.
Rechtsextremistische Verdachtsfälle gestiegen
Der Jahresbericht nimmt nicht nur die materielle Ausstattung bei der Bundeswehr ins Visier: Die Zahl der rechtsextremistischen Verdachtsfälle sei im vergangenen Jahr abermals gestiegen. Der Militärische Abschirmdienst habe im Jahr 2021 insgesamt 589 solcher Verdachtsfälle registriert, sagte Högl. Im Vorjahr waren es noch 477 Fälle, im Jahr 2019 waren es 363 Fälle.
Welche Bundeswehr braucht unser Land?
Högl führte diesen Anstieg vor allem darauf zurück, "dass die Sensibilität in der Truppe gestiegen ist" und mehr Verdachtsfälle angezeigt würden. Dies sei "gutes, kameradschaftliches Verhalten", sagte Högl. Als ein "echtes Ärgernis" kritisierte Högl die lange Verfahrensdauer bei den Dienstgerichten in solchen Verdachtsfällen. Zudem müsse es künftig schneller gehen, auffällig gewordene Soldatinnen und Soldaten aus dem Dienst zu entlassen.
Högl: "Vereinfachte Entlassung" wieder aufgreifen
"Bedauerlich ist, dass die Neuregelung des Soldatengesetzes, wonach eine vereinfachte Entlassung innerhalb der ersten acht Dienstjahre möglich sein sollte, in der vergangenen Wahlperiode nicht mehr weiter verfolgt wurde, so Högl." Dies müsse die neue Regierung "jetzt rasch wieder aufgreifen".
Der Jahresbericht 2021 benenne nicht nur Versäumnisse, Mängel und Defizite, schreibt Eva Högl.
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