Moskau weist jede Schuld für die Gräueltaten von Butscha von sich. Satellitenbilder und "New York Times"-Recherchen zeigen nun, dass die Leichen dort schon länger liegen.
Am Montag veröffentlichte US-Satellitenbilder bestätigen, dass einige der in dem Kiewer Vorort Butscha gefundenen Leichen bereits vor dem Abzug der russischen Truppen dort gelegen haben.
Die "hochauflösenden" Bilder "bestätigen die jüngsten Videos und Fotos in den sozialen Medien, auf denen Leichen zu sehen sind, die seit Wochen auf der Straße liegen", erklärte ein Sprecher der US-Satellitenbildfirma Maxar Technologies. [Was wir bisher über die Gräueltaten von Butscha wissen.]
Satellitenbilder: Leichen liegen auf den Straßen von Butscha
Auf den Satellitenbildern einer Straße in Butscha von Mitte März sind mehrere Leichen mutmaßlicher Zivilisten zu sehen, die auf oder neben der Fahrbahn liegen. An dieser Stelle hatten ukrainische Beamte nach dem Rückzug der russischen Truppen Anfang April mehrere Leichen gefunden.
Auch ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf konnte sich in Butscha ein Bild der Lage machen, ihre Eindrücke schildert sie hier im Video:
Die russischen Gräueltaten in Butscha seien mit Satellitenbildern belegbar, so ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf, "eine Inszenierung kann ausgeschlossen werden".
AFP-Fotografen hatten bei einem Besuch am vergangenen Samstag rund 20 Leichen in Zivilkleidung gesehen - einige davon mit gefesselten Händen.
Moskau nennt die Bilder "Fälschungen"
Das russische Verteidigungsministerium hatte die Bilder als "Fälschungen" bezeichnet. Demnach seien die Leichen noch nicht dort gewesen, als die russischen Streitkräfte am 30. März abgezogen waren. Maxar-Satellitenbilder vom 19. und 21. März zeigen jedoch, dass sich bereits zu diesem Zeitpunkt mehrere Leichen auf der Yablonska-Straße in Butscha befanden.
Die "New York Times" verglich die Satellitenbilder mit diversen Aufnahmen von ukrainischen Beamten und internationalen Medien und bestätigte, dass einige der Leichen sich bereits Wochen vor dem russischen Abzug in der gezeigten Position befunden hatten.
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Die Bilder von den Leichen mutmaßlicher Zivilisten hatten international Bestürzung ausgelöst. Zahlreiche westliche Regierungschefs hatten Moskau Kriegsverbrechen vorgeworfen. Deutschland und Frankreich wiesen am Montag Dutzende russische Diplomaten aus.
Nach den Gräueltaten in Butscha ermittelt nun der internationale Strafgerichtshof. Moskau streitet alle Vorwürfe ab. Es werden weitere russische Kriegsverbrechen vermutet:
Noch schlimmere Gräuel in Borodjanka befürchtet
Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft verzeichnete nach eigenen Angaben mehr als 7.000 Meldungen über russische Kriegsverbrechen in der Region um die Hauptstadt Kiew.
Die meisten Opfer habe es in Borodjanka gegeben, sagte Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa der Agentur Unian zufolge. "Ich denke, wir werden gesondert über Borodjanka sprechen." Die Generalstaatsanwaltschaft arbeite an der Aufarbeitung von Kriegsverbrechen in Irpin, Butscha und Worsel.
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Motyschyn: Bürgermeisterin und Zivilisten tot aufgefunden
In einer Ortschaft westlich von Kiew sind nach ukrainischen Angaben die Leichen einer Bürgermeisterin und vier weiterer Zivilisten mit gefesselten Händen aufgefunden worden. Die Polizei zeigte Reportern der Nachrichtenagentur AFP am Montag vier Leichen, halb begraben in einem Wald nahe des Hauses der Bürgermeisterin in Motyschyn. Eine fünfte Leiche wurde in einem Brunnen im Garten gefunden.
Die Bürgermeisterin Olga Suchenko, ihr Ehemann und der gemeinsame Sohn seien am 24. März von russischen Soldaten verschleppt worden, teilte die Polizei mit. Laut Bewohnern des Orts hatten sie sich geweigert, mit den russischen Truppen zusammenzuarbeiten. Bei den beiden anderen Leichen handele es sich um Männer, die nicht mit der Familie der 50-jährigen Bürgermeisterin verwandt seien.
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Russlands Angriff auf die Ukraine dauert an. Es gibt Sanktionen gegen Moskau, Waffen für Kiew. Aktuelle News und Hintergründe zum Krieg im Blog.