Waffen, Sanktionen, Russland-Ukraine-Verhandlungen: Werden die Bilder aus Butscha eine neue Dynamik im Ukraine-Krieg auslösen? Was Experten und der ukrainische Botschafter sagen.
Wird Deutschland zur Kriegspartei?
Sie lagen mitten auf der Straße, erschossen in Butscha, einem kleinen Ort nordwestlich von Kiew: Hunderte Leichen fand die ukrainische Armee nach dem Abzug russischer Truppen aus dem Ort. Nicht wenige der Opfer hatten die Hände auf dem Rücken gefesselt, waren im Angesicht ihres Todes wehrlos.
EU plant nach Butscha schärfere Sanktionen
Die Hinweise, dass sich in Butscha ein Kriegsverbrechen zugetragen hat, verdichten sich - das internationale Entsetzen vor allem im Westen ist groß. Aber wird dieses Entsetzen Folgen auf deutsche Waffenlieferungen haben? Und was bedeuten die Bilder für die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine? Wird Butscha zum Wendepunkt?
"Also das hoffen wir. Ich meine, dieses deutsche 'Nie wieder' sollte doch auch etwas bedeuten", sagt der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk.
Die EU-Kommission reagierte und hat einen Vorschlag für ein umfangreiches Paket mit neuen Russland-Sanktionen vorgelegt. Es beinhaltet unter anderem ein Importverbot für Kohle aus Russland, eine Hafensperre für russische Schiffe sowie weitere Handelsbeschränkungen, mittelfristig soll es wohl auch Gas- und Ölembargos geben. Ein sofortiges EU-weites Gasembargo - das die Ukraine immer wieder in Spiel bringt - ist bislang aber nicht geplant.
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Ukraine fordert schwere Waffen
Gleichzeitig fordert die ukrainische Seite neue, schwerere Waffen - auch mit Blick auf die Ostukraine. "Um diese Gebiete zurückzuerobern, da reicht eine Panzerfaust 3 nicht mehr", kritisiert Melnyk.
Während unter anderem Großbritannien schon am Wochenende Lieferungen stärkerer Waffen in Aussicht stellt, zögert die Bundesregierung in Berlin noch.
Zu den Geschehnissen in der Umgebung Kiews Einschätzungen von ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf.
Was bedeutet Butscha für die Russland-Ukraine-Gespräche?
Eine Frage ist auch, was die Gräuel in Butscha für die russisch-ukrainischen Verhandlungen bedeuten. Kurz vor Bekanntwerden der Bilder hatte sich eine leichte Annäherung abgezeichnet. “Da gibt es leider im Moment auch keine guten Aussichten, denn im Moment ist Putin noch nicht bereit zu verhandeln”, so Melnyk.
Daher müsse Russlands Präsident Wladimir Putin auf dem Schlachtfeld erkennen, “da gibt es Grenzen, die er nicht mehr überschreiten kann. Er kann nicht mehr holen, er muss sich an den Verhandlungstisch setzen”, so die Meinung des Botschafters.
Auch Stefan Oeter, Völkerrechtler von der Uni Hamburg, zeigt sich pessimistisch mit Blick auf russische-ukrainische Friedensverhandlungen.
Das liegt in erster Linie nicht an Butscha. "Dass die russische Armee im erheblichen Umfang Kriegsverbrechen begeht, ist ja im Grunde schon mit Blick auf Mariupol klar", sagt Oeter. Butscha sei "ein weiteres Detail in diesem generellen Muster“.
Die russischen Angriffe verursachen weiterhin viel Leid. Nach dem Massaker in Butscha gibt es nun Hinweise auf weitere solche Verbrechen in anderen ukrainischen Orten.
Das Verhandlungs-Dilemma der Ukraine
Das Problem sei vor allem, dass kein westlicher Staat bereit sei, den Ukrainern Sicherheitsgarantien zu gewähren und dass Russlands Verträge wenig wert seien.
Hinzu kommt: Gerade die Gräuel in Butscha zeigen, was eine Fremdherrschaft durch Russland bedeuten könnte - und in welchem Dilemma sich die Ukraine in den Verhandlungen befindet. Das Land stehe zwischen zwei Alternativen, erklärt Liana Fix, Osteuropa-Expertin der Körber-Stiftung:
Die grausamen Bilder von Butscha machen diese Abwägung nicht leichter.
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