Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz spricht sich im ZDF-Sommerinterview gegen ein Tempolimit aus. Das würde "weder ökologisch noch verkehrstechnisch die Probleme lösen", sagt er.
Der Ukraine-Krieg stellt Deutschland und seine Energieversorgung vor große Herausforderungen. Die Abhängigkeit von Russland, insbesondere bei der Gasversorgung, soll möglichst schnell beendet werden. So wird auch über Einsparpotenziale bei allen Energieträgern diskutiert - etwa durch ein Tempolimit.
CDU-Chef sieht Tempolimit als "Symbolthema"
Im ZDF-Sommerinterview spricht sich Friedrich Merz klar dagegen aus. Die Union habe dazu "eine ganz klare gemeinsame Haltung". Das Tempolimit sei ein "Symbolthema", sagt er, "damit würden wir auch weder ökologisch noch verkehrstechnisch die Probleme lösen". Die "Probleme dieses Landes" seien "nicht mit dem Tempo auf Autobahnen" zu lösen, zumal das "vielleicht drei Prozent der Strecken, auf denen es in Deutschland noch kein Tempolimit gibt" beträfe, so der CDU-Chef weiter.
Das Thema wird in der Union kontrovers diskutiert. Einige Politiker wie Parteivize Andreas Jung und Bundestags-Unionsfraktionsvize Jens Spahn hatten sich angesichts der Energiekrise offen für ein befristetes Tempolimit auf Autobahnen gezeigt.
Merz will Nord Stream 1 stilllegen
Friedrich Merz hat sich indes bereits früh für eine Stilllegung von Nord Stream 1 ausgesprochen, um den Sanktionsdruck auf Russland zu verstärken. Diese Möglichkeit habe er "allerdings immer unter dem Vorbehalt, dass aus anderen Leitungen, die es ja auch noch gibt, genug Gas nach Deutschland kommt" in Betracht gezogen, sagt er. Er verweist auf andere Leitungen, "die etwa in Südeuropa verlaufen".
Die Sanktionen gegen Russland müssten fortgesetzt werden, da seien sich die Schwesterparteien CDU und CSU einig. "Niemand von uns ist davon ausgegangen, dass diese Sanktionen schnell wirken", sagt Merz. Genauso wenig habe man damit gerechnet, dass man Präsident Wladimir Putin mit Sanktionen innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen "in die Knie zwingen" könne.
Merz lobt Merkels "große Verdienste"
Für die aktuelle Situation im Land, auch für die Abhängigkeit von Russland bei der Energieversorgung, ist in großen Teilen die Regierung Merkel verantwortlich. Sie hat in den vergangenen 16 Jahren die Weichen der Politik gestellt.
Trotz aller Probleme gibt es für die Ex-Kanzlerin Lob vom neuen CDU-Vorsitzenden. "Angela Merkel hat ihre großen Verdienste um dieses Land", betont Merz. "Wir alle haben bestimmte Situationen falsch eingeschätzt."
CDU-Chef: Haben "nie allein" regiert
Für diese Fehler übernimmt der CDU-Chef nun die Verantwortung - wenn auch mit Einschränkungen. "In den letzten 16 Jahren waren wir in der Regierung, aber wir waren nie allein", betont er. Zwölf Jahre seien die Sozialdemokraten mit in der Regierung gewesen und in den vergangenen vier Jahren sei Olaf Scholz als Finanzminister in einer entscheidenden Position gewesen.
Die ZDF-Sommerinterviews 2022
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Merz räumt weiter ein: "Ich bekenne mich zu der Verantwortung, die die CDU in der Zeit hatte, ohne jede Frage." Seinen persönlichen Anteil daran schätzt er aber eher gering ein: "Wir wissen, dass wir da Fehler gemacht haben. Wobei, wenn ich sage wir, ich war von den 16 nur vier selbst dabei, zwölf nicht", betont er.
Merz kritisiert Bundesregierung
Nun ist er wieder dabei - als Partei- und Fraktionschef der CDU und als Oppositionsführer im Deutschen Bundestag. Dort wünscht Merz sich, mehr gehört zu werden. Er kritisiert die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung. Die Unions-Vorschläge würden "regelmäßig" alle abgelehnt, sagt er. Ob es sich um die Verstromung von Biomasse oder die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke handele, erst lehne die Bundesregierung alles ab, dann würde es später doch gemacht, sagt er.
Im ZDF betont Merz, die Union sei bei allen Themen gesprächsbereit. "Wir bieten das immer an, aber wir laufen der Bundesregierung nicht hinterher." Wenn man "zehn Minuten vor Sitzungsbeginn 300 Seiten Änderungsanträge zu den Energiegesetzen des Bundeswirtschaftsministers" bekomme, "nach dem Motto 'Vogel friss oder stirb'", dann sei das "keine Art des Umgangs", kritisiert Merz.
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