Streit um Zuwanderung: 19 gegen Merz

    Streit um Zuwanderung:19 gegen Merz: Die letzten Liberalen der CDU

    Mathis Feldhoff
    von Mathis Feldhoff
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    CDU für Ampel? In einem Papier zum Aufenthaltsrecht für Migranten sprechen sich 19 Unionspolitiker für die Pläne der Ampel aus. Im Bundestag wollen sie sich enthalten.

    Friedrich Merz am 10.11.2022 in Berlin
    Unionsfraktionschef Friedrich Merz stellt sich gegen die Zuwanderungsprojekte der Ampel-Koalition. Doch nicht alle Abgeordneten folgen ihm.
    Quelle: dpa

    Für Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) muss es so sich anfühlen, wie für Angela Merkel vor einigen Jahren. Eine kleine Gruppe von Abtrünnigen stellte sich damals gegen die Pläne der Fraktionsführung. Heute geht es um den Plan, den Gesetzentwurf der Ampel zum Chancen-Aufenthaltsrecht einfach abzulehnen. Bei Merkel ging es damals etwa um ihren Euro-Rettungskurs. Allerdings: Merkel führte eine Regierung, Friedrich Merz nur die Opposition. Der Schmerz der Ex-Kanzlerin dürfte deutlich höher gewesen sein.

    Hermann Gröhe: Gerade Held, jetzt Abweichler

    Ganz oben auf der "Abweichler"-Liste steht jetzt Hermann Gröhe, heute stellvertretender Fraktionschef. Vergangene Woche war er noch der gefeierte Held der Unionsfraktion, als er der Regierungskoalition beim Thema Bürgergeld Unionsforderungen abtrotzte. Jetzt geht er mit einigen wenigen einen Sonderweg.
    Darunter auch bekannte Namen wie Armin Laschet, Yvonne Magwas, Marco Wanderwitz, Monika Grütters, Anja Karliczek oder Annette Widmann-Mautz, zum Teil Staatssekretäre oder Ministerinnen der Ära Merkel.
    Friedrich Merz im ZDF-Morgenmagazin
    Nach Deutschland kämen "viele Menschen, die hier im Arbeitsmarkt nicht unterzubringen sind und die, die wir brauchen, wollen nicht kommen", so der CDU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz.30.11.2022 | 8:14 min
    Sehen Sie hier ein Interview mit CDU-Chef Friedrich Merz zu Fachkräften aus dem Ausland im ZDF-Morgenmagazin:

    Ampel-Pläne "sinnvoll und pragmatisch"

    Ganz so groß ist die Provokation dann doch nicht. Eine Enthaltung bei der ersten Lesung, die am Donnerstag im Bundestag sein soll, tut keinem besonders weh. Aber die inhaltlichen Argumente der Gruppe sind interessant. Die vorgeschlagenen Änderungen für langjährig Geduldete seien "sinnvoll und pragmatisch", heißt es in der Erklärung, die am Dienstag in der CDU/CSU-Fraktion vorgelegt wurde.
    Einbürgerungen nach Aufenthaltsdauer
    ZDFheute Infografik
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    Schließlich würden sich die verbesserten Aufenthaltschancen ausschließlich an Migrantinnen und Migranten richten, "die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, nicht straffällig geworden sind und aus verschiedenen Gründen nicht zurückgeführt werden können". Und wie zum Beweis, dass man sich damit in der eigenen Tradition bewegt, wird erklärt, "auch die CDU/CSU-geführte Bundesregierung haben in den vergangenen 16 Jahren Erleichterungen und Änderungen geschaffen".
    Wer sich allerdings verweigere an einer Identitätsfeststellung mitzuwirken und so seine Abschiebung verhindert, solle weiterhin ausgeschlossen werden.

    Dobrindt: Debatte darf nicht Falschen nutzen

    Ist es das der Aufstand der letzten Liberalen in der Union und der Beweis für einen Rechtsruck der Union in der Migrationspolitik? Tatsächlich haben CDU und CSU bei den derzeit drei migrationspolitischen Projekten der Ampel - dem Fachkräftezuwanderungsgesetz, der Änderung des Staatsbürgerrechtes und das Aufenthaltsrecht - Widerstand angekündigt. Am Dienstag noch hatte die Fraktionsspitze sehr vehement die Ampel davor gewarnt, etwa die Vergabe des deutschen Passes zu "verramschen".
    Bayern, Augsburg: Markus Söder, CSU-Vorsitzender und bayerischer Ministerpräsident (l), steht mit Friedrich Merz,Vorsitzender der CDU, nach dessen Rede auf der Bühne.
    Mit der Blockade des Bürgergelds scheint die Union nach einem Jahr angekommen in ihrer Rolle als Oppositionspartei. Doch in dieser Zeit gab auch Fehltritte - etwa von Oppositionsführer Friedrich Merz.30.11.2022 | 1:29 min
    Im gleichen Atemzug warnte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt davor, daraus einen Kampagne zu machen. Man dürfe "die Debatte nicht so führen, dass sie den Falschen nützt". Aber die Alternative sei halt nicht, diese Debatte gar nicht zu führen, so Dobrindt. Dann würden sich "Teile der Bevölkerung ausgeschlossen fühlen".
    Die Erklärung der 19 Fraktionsmitglieder von CDU/CSU hat vor allem ein taktisches Moment. Nach der Geschäftsordnung der Fraktion, der sich jedes einzelne Mitglied verpflichtet hat, müssen abweichende Stimmabgaben im Vorfeld der Fraktionsführung angezeigt werden. Dies haben sie mit der Erklärung getan. Und sie haben zu Protokoll gegeben, dass sie dem Kurs der Partei- und Fraktionsspitze nicht folgen können.

    Mehr zur Debatte über Fachkräfte aus dem Ausland