Einen Monat vor der Entscheidung die erste offizielle Runde der CDU-Vorsitz-Kandidaten: Wie haben sich Merz, Laschet und Röttgen geschlagen?
Es dauert 72 Minuten, bis an diesem Abend endlich der Hauch einer Debatte aufkommt. Ein Sachthema, bei dem die Kandidaten anderer Meinung sind. Und das auch noch sagen!
Schade nur, dass der Disput erstens sehr technisch ist - es geht um den Bildungsföderalismus - und dass er zweitens schon nach wenigen Minuten wieder beigelegt ist.
Die Ausgangslage
Es ist eine von der CDU selbst organisierte Runde, die sich da im Adenauer-Haus trifft. Die Moderatorin vermittelt Fragen der Mitglieder. Die sind aber so allgeheim gehalten, dass in den Antworten bestenfalls Zeit bleibt für Allgemeinplätze.
Mal sollen die Kandidaten beschreiben, wie sie sich Europa in zehn Jahren vorstellen ("natürlich Champions League", sagt Merz). Dann geht es um den Wiederaufbau nach der Pandemie ("ein Neustart, kein Wiederaufbau", wortklaubert Röttgen). Schließlich wird die Frage diskutiert, wie man junge Menschen für die CDU begeistern wolle (mehr Möglichkeiten "mitzumachen", verspricht Laschet).
Die Klima-Vorkämpfer der CDU
Es wirkt an diesem Abend beinahe so, als sei Klimaschutz das wichtigste Anliegen der CDU - so ausufernd sprechen die Kandidaten darüber.
"Klima muss nach CDU klingen", ruft Röttgen. Laschet fordert, dass Deutschland "Industrieland bleibt" und zugleich die "Klimafragen richtig beantwortet". Und Merz spricht von der "ökologischen Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft" als der wichtigsten Zukunftsaufgabe.
Was das konkret bedeutet, bleibt offen. Dafür fehlt es in dem Format an Zeit - und an entsprechenden Nachfragen.
Drei Kandidaten gibt es für den CDU-Parteivorsitz. Die Entscheidung wird im Januar 2021 fallen, der Ausgang ist offen. Alle drei Kandidaten haben ihre Schwächen und Stärken.
Die Frauenfrage
Nächstes, CDU-intern stark umstrittenes Thema: die Frauenförderung. Braucht es in einer Partei mit einem Frauenanteil von gerade mal 27 Prozent eine feste Quote? Ja, sagen hier alle (nur Merz mit leichtem Zähneknirschen). Um sich dann gegenseitig zu übertrumpfen im Wettstreit, wer der größte Frauenförderer sei.
Laschet etwa erneuert sein Versprechen, in einer von ihm geführten Bundesregierung werde das Kabinett zur Hälfte aus Frauen bestehen. Worauf ihm seine beiden Kontrahenten genüsslich unter die Nase reiben, dass in ihren Teams ja bereits Frauen nominiert seien. Norbert Röttgen will die rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete Ellen Demuth zur "Chefstrategin" machen. Friedrich Merz hat die Bundestagsabgeordnete Patricia Lips zur Wahlkampfmanagerin ernannt.
Laschet hingegen hat Jens Spahn zum Team-Mitglied: ein Schwergewicht in der Partei zwar – aber eben ein Mann.
Das Ergebnis?
CDU-Mitglieder wissen nun, dass Merz bald zum fünften Mal Großvater wird – während die anderen beiden noch keine Enkelkinder haben.
Ansonsten? Man habe doch zivilisiert diskutiert, freuen sich alle drei. Wenn auch offen bleibt, worüber.
Was hängen bleibt, sind schließlich die kleinen Spitzen. Wo Laschet sich als Teamplayer inszeniert, der als Spitzenkandidat schon mal eine Wahl gewonnen hat, verweist Merz auf seine Kenntnisse aus Politik und Wirtschaft. Und Röttgen auf seine Erfahrungen "in Sieg und Niederlage" (womit er seine historische Wahlniederlage mit der NRW-CDU 2012 in eine Stärke umdeuten will).
Erkenntnis des Abends: Verloren hat niemand. Richtig gewonnen auch nicht. Die Ratlosigkeit in der CDU wird anhalten.
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