Beim sogenannten Townhall-Meeting werben die Kandidaten um den CDU-Parteivorsitz - Merz, Röttgen und Braun - um die Parteibasis. Dabei demonstrieren sie verblüffende Einigkeit.
Zum dritten Mal seit dem Rückzug von Angela Merkel braucht die CDU eine neue Führung – und zum ersten Mal darf die Parteibasis abstimmen. In der gemeinsamen "Townhall" stellten sich die Kandidaten Braun, Merz und Röttgen den Fragen der Mitglieder.
Mehr Teamgeist, frische Ideen, eine bessere Einbindung der Basis: Bei einer Diskussionsrunde in der Berliner CDU-Zentrale haben die drei Kandidaten für den Parteivorsitz um die Zustimmung der Basis geworben. Friedrich Merz, Norbert Röttgen und Helge Braun stellten sich dabei am Mittwochabend den Fragen von CDU-Mitgliedern. Inhaltlich ließen sie kaum Differenzen erkennen, wohl aber im Stil.
So plädierten beispielsweise alle drei Kandidaten für die Nachfolge von Parteichef Armin Laschet dafür, dass die Union mehr Menschen mit Migrationshintergrund einbinden und für Frauen attraktiver werden müsse.
Rasches gemeinsames Handeln gegen Corona
Außerdem sprachen sich alle drei für eine rasche Reaktion auf die hohen Corona-Zahlen aus. Braun betonte, bis Weihnachten solle wenn möglich allen, die in der ersten Jahreshälfte ihre Zweitimpfung abgeschlossen hätten, eine frische Impfung angeboten werden. "Das ist wichtig für ein sicheres Weihnachtsfest und auch wichtig, um diese vierte Welle zu unterbrechen."
Röttgen sagte, es dürfe keine Verzögerungen mehr bei den notwendigen Maßnahmen geben. "Es ist kein Thema für Opposition, sondern für gemeinsames überparteiliches Handeln." Es gelte: "Impfen, impfen, impfen." Merz forderte, wenn es im Frühjahr eine allgemeine Impfpflicht geben solle, solle Rücksicht genommen werden auf jene, die sich aus ernsthaften gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen könnten.
Übereinstimmend lehnten die drei CDU-Politiker auch eine Doppelspitze für die Partei ab. "Ich bin kein Freund von Doppelspitzen", sagte der geschäftsführende Kanzleramtsminister Braun.
Röttgen: CDU muss "Anspruch auf geistige Führung" haben
Der Außenpolitiker Röttgen betonte, mit einer Doppelspitze würde die CDU andere Parteien nachahmen. "Wir müssen es so machen, wie es zur CDU passt." Zudem habe sich die SPD zum Beispiel aus einer Position der Schwäche heraus für eine Doppelspitze entschieden.
[CDU - Kür der Kandidaten im Video:]
Die CDU sucht einen neuen Chef. Drei Kandidaten gibt es - ihre Kür wird diesmal mit Publikum stattfinden. Denn am Ende sollen die rund 400.000 CDU-Mitglieder entscheiden. Für die CDU ein ungewohntes Verfahren. Heute begann das offizielle Casting.
Röttgen sagte, der Zustand der CDU sei "eigentlich noch ein bisschen schlimmer", als es der viel diskutierte Mangel an Geschlossenheit vermuten lasse. Der Partei fehlten derzeit die Persönlichkeiten, die für unterschiedliche Inhalte stünden und um diese Positionen ringen würden. Zuletzt habe es allenfalls Streit um "Posten und Einfluss" gegeben. Die CDU müsse wieder einen "Anspruch auf geistige Führung" erheben.
Röttgen betonte: "Wir müssen wieder anschlussfähig werden in der Breite der Bevölkerung, in allen Gruppen, von den jungen Leuten angefangen über die Frauen bis zu den Älteren." Er traue sich zu, das zu schaffen.
Merz will modernere CDU
Der frühere Fraktionschef Merz hob im Verlauf der 90-minütigen "Townhall"-Diskussion wiederholt hervor, dass er den CDU-Vorsitz als Teil eines größeren Teams übernehmen wolle. Er wolle den fünf stellvertretenden Parteivorsitzenden jeweils konkrete Themenbereiche zuweisen, "damit wir sichtbarer werden als Mannschaft". Die CDU müsse wieder "mehr Themen besetzen - das kann ein Vorsitzender nicht alleine tun".
- Merz sieht CDU in "schwerer Krise"
Keine Meinungsführerschaft mehr, nirgends - Friedrich Merz malt ein düsteres Bild seiner CDU, deren Vorsitzender er werden will. Am Montagabend stellt sich Merz der Parteibasis.
Merz erklärte: "Die CDU muss modern werden. Sie muss die Themen der Zeit beherrschen, sie muss Antworten geben, sie muss die Regierung kritisieren, aber sie muss auch gleichzeitig gute eigene und überzeugende Antworten für alle Generationen in diesem Land geben."
Braun: Zu christlichen Werten zurückfinden
Kanzleramtsminister Braun betonte, die CDU dürfe jetzt nicht allein per Mitgliederbefragung den neuen Vorsitzenden bestimmen, sondern müsse die Basis auch in inhaltlichen Fragen stärker einbinden. Das gelte für wichtige Fragen wie die Aussetzung der Wehrpflicht vor einigen Jahren. "In Zukunft müssen wir die Inhalte stärker gemeinsam bestimmen." Nötig seien "Zukunftsdialoge" mit den Mitgliedern.
Der künftige Vorsitzende müsse die Fähigkeit haben, "viele andere Gesichter neben sich strahlen (zu) lassen in der CDU", so Braun. Die Partei müsse wieder zu einem "guten Stil" im Umgang miteinander zurückzufinden. Was der CDU "am meisten weh getan" habe, sei der Eindruck gewesen, dass die Partei die christlichen Werte, die sie immer beschwöre, selbst nicht mehr lebe.