Chile hat in einem Referendum eine neue Verfassung mit klarer Mehrheit abgelehnt. Fast zwei Drittel stimmten nach ersten Angaben der chilenischen Wahlbehörde gegen den Vorschlag.
Die Chilenen haben eine neu ausgearbeitete Verfassung nach ersten Berechnungen wohl abgelehnt. 62 Prozent sprachen sich in einem Referendum gegen das neue Grundgesetz aus, wie die Wahlbehörde Chiles nach Auszählung von fast 90 Prozent der Stimmen am Sonntagabend (Ortszeit) mitteilte.
Für den Vorschlag, der das südamerikanische Land grundlegend verändern würde, stimmten demnach 38 Prozent.
Deutlichkeit überrascht
Der Entwurf für einen "sozialen und demokratischen Rechtsstaat" sah unter anderem neue Rechte für die Ureinwohner des südamerikanischen Landes, das Recht auf Abtreibung und eine Verankerung des Umweltschutzes in der Verfassung vor.
- Chile vor der Zeitenwende?
Vielen gehen die geplanten Veränderungen in Chile zu weit. Kurz vor dem Verfassungsvotum wirkt das Land gespaltener als während der Unruhen, die den Prozess ausgelöst hatten.
Jüngste Umfragen hatten darauf hingedeutet, dass der fortschrittliche Entwurf abgelehnt werden könnte. Die Deutlichkeit überraschte doch.
Präsident will Prozess weiterführen
Der chilenische Präsident Gabriel Boric baute für den Fall einer Niederlage bereits vor. Für Montag lud Boric alle politischen Parteien in den Präsidentenpalast ein, um die Weiterführung des verfassungsgebenden Prozesses zu analysieren, wie die chilenische Zeitung "La Tercera" berichtete.
Eine Verfassungsgebende Versammlung hatte den Entwurf ein Jahr lang ausgearbeitet. 15 Millionen Menschen waren zu der Abstimmung aufgerufen gewesen.
Verfassung aus Zeiten der Militärdiktatur
Die derzeitige Verfassung Chiles stammt noch aus der Zeit der Militärdiktatur von Augusto Pinochet (1973-1990). Hauptauslöser für den verfassunggebenden Prozess waren die sozialen Unruhen des Jahres 2019.
Viele Menschen führten die wachsenden gesellschaftlichen Ungleichheiten auf die alte Verfassung zurück. Diese wurde zwar seit 1990 mehrfach reformiert, lässt der Privatwirtschaft jedoch weiterhin freie Hand in vielen Bereichen.