Putin und Xi haben sich zur Olympia-Eröffnung in Peking getroffen. Was bedeutet Chinas Unterstützung russischer Interessen für die Lage an der ukrainischen Grenze?
Dass die Erklärung Russlands und Chinas nach dem Treffen beider Staatschefs in fast jedem Absatz die gemeinsame Zusammenarbeit betont, überrascht nicht. Neu ist hingegen die klare Ablehnung der Nato-Osterweiterungen und die "Sympathie und Unterstützung" der chinesischen Seite für "die Vorschläge der Russischen Föderation zur Kreierung langfristiger und rechtlich verbindlicher Sicherheitsgarantien in Europa". Man möchte sich außenpolitisch stärker koordinieren, heißt es später im Text.
- Russland und China vollziehen Schulterschluss
Russland und China sind öfter Ziel von wirtschaftlichen Sanktionen des Westens. Nun demonstrieren sie Einigkeit. Auch im Ukraine-Konflikt bekommt Moskau Zuspruch aus Peking.
Eingeschränkte Solidarität
Doch obwohl Wladimir Putin und Xi Jinping die bilateralen Beziehungen am Freitag als "uneingeschränkt" beschrieben, zeigte bereits die Annexion der Krim 2014 klare Grenzen des Zusammenhalts auf.
Zwar enthielt sich China bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über den Status der Krim, doch offiziell anerkannt hat China die Annexion nicht.
US-Markt für China wichtiger
Auch wirtschaftlich bleibt die Beziehung hinter den anfänglichen Erwartungen Russlands zurück. Ein Ersetzen der westlichen Handelspartner durch China scheiterte an Befürchtungen chinesischer Firmen vor US-amerikanischen Sanktionen.
Wie Feng Yujun, der Direktor des Zentrums für Russische und Zentralasiatische Studien der Fudan-Universität Shanghai, dem "Economist" sagte, sind die Beziehungen zu den USA für China weiterhin wichtiger als zur schwächelnden russischen Wirtschaft.
Das zeigt auch ein Blick auf die Exporte Chinas. Während 16,9 Prozent aller chinesischen Exporte in die USA gehen, sind nur 1,9 Prozent für Russland bestimmt. Umgekehrt führt Russland 14,3 Prozent seiner Exporte nach China aus.
Ungleiche Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und Russland
Wirtschaftlich ist Russland daher deutlich stärker auf China angewiesen als andersherum. Diese Asymmetrie wird sich weiter verstärken, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch militärisch, was eine zukünftige Kooperation auf Augenhöhe erschweren wird.
Mit der Rolle des unterlegenen Juniorpartners dürfte sich Putin weniger wohlfühlen.
Gemeinsame Ablehnung westlicher, liberaler Werte
Dies verdeutlicht, dass das einende Ziel - ihre Länder wieder zu großer Bedeutung und Stärke zu führen - auch ein zentrales Hindernis in der Zusammenarbeit darstellt.
Momentan stehen sich China und Russland aufgrund der gemeinsamen Ablehnung der Universalität westlicher, liberaler Werte nahe. Solange sich die Kooperation für beide Länder als fruchtbar erweist, sind sie einander attraktive Partner.
Das ist nach wie vor die Frage, angesichts von 100.000 russischen Soldaten an der Grenze zur Ukraine. Nach Belarus schickte Russland jetzt weitere Kampfjets – für Manöver, hieß es. Wo endet das? Die Ukraine bereitet sich auf eine russische Invasion vor.
Nationale Interessen und Machterhalt
Wird das andere Land jedoch zunehmend als Bedrohung für den eigenen Status wahrgenommen, sind nationale Interessen wichtiger als die bilateralen Beziehungen. Priorität hat in beiden Staaten der Machterhalt der aktuellen politischen Führungselite.
Für den Zusammenhalt nicht nur in guten, sondern auch in schlechten Zeiten, fehlt es auch an zivilgesellschaftlichen Verbindungen zwischen beiden Ländern. Die Betonung von Gemeinsamkeiten darf daher nicht als freundschaftliche Beziehung missverstanden werden.
Folgen der "strategischen Zusammenarbeit" für die Ukraine
Trotz aller verbalen Bekenntnisse dürfte der chinesische Rückhalt bei einer tatsächlichen Eskalation der Situation in der Ukraine entsprechend schwach ausfallen. Eine Unterstützung Russlands wäre für China eher ein Risiko als eine Chance, da es wahrscheinlich Sanktionen der USA nach sich ziehen würde.
Russland stellt für China eine willkommene ideologische Unterstützung und Pufferzone zur USA dar. In seine militärischen Auseinandersetzungen möchte es aber nicht hineingezogen werden. Dafür sind die eigenen nationalen Interessen zu wichtig. China würde wohl kaum von einem noch abhängigeren Russland profitieren. Dementsprechend wird Chinas verbale Unterstützung Russlands keine ausschlaggebende Wirkung in einer möglichen Eskalation der Situation in der Ukraine haben.
China und USA sind auf Konfrontationskurs. Die zwei größten Wirtschaftsmächte ringen um die Vorherrschaft. Wachsende Spannungen schüren Ängste vor einem neuen Konflikt.