Der Ukraine-Krieg bringt hohe volkswirtschaftliche Kosten. Finanzminister Lindner erteilt Steuererhöhungen eine Absage. Stattdessen sollten Arbeitnehmer mehr Überstunden machen.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) setzt bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs auf die Verantwortung des Einzelnen – insbesondere der Arbeitnehmer. Am Freitag schrieb er auf Twitter:
Steuererhöhungen, um die Kriegsfolgen zu finanzieren, lehne er ab, sie würden die Stärkung der Wirtschaftslage sabotieren. "Einen Kriegssoli wird es mit mir nicht geben."
Internetnutzer beschimpfen Lindner
Bei vielen Twitter-Nutzern kommt das nicht gut an. "Mehr Überstunden? Erzählen Sie das zum Beispiel mal einer Pflegekraft", schreibt die Gewerkschaft Verdi auf Twitter. Andere Nutzer sind weit weniger freundlich und beschimpfen Lindner seit Stunden massiv.
Ja, es bestehe die Gefahr einer Wirtschaftskrise, sagt Bundesfinanzminister Lindner. Energiepreise, Lieferkettenprobleme, Inflation - die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs seien enorm, aber Deutschland gestalte sein Schicksal selbst.
Auch Ampel-Politiker reagieren auf Lindners Aussage: Katrin Göring-Eckardt, Grünen-Politikerin und Vize-Präsidentin des Bundestags, schreibt: "So viele arbeiten hart und müssen jeden Cent zweimal umdrehen. Die Härten der Krisen treffen nicht alle gleich. Deshalb: Wer hat, sollte was geben. Reichtum verpflichtet – gerade jetzt.“ Es brauche Umverteilung von oben nach unten, nicht umgekehrt.
DIW-Wirtschaftsforscher widerspricht Lindner
Marcel Fratzscher, Professor für Makroökonomie und Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, widersprach Lindner:
Man solle stattdessen die "große stille Reserve im Arbeitsmarkt" heben – vor allem Frauen, die weniger arbeiteten, weil es sich finanziell zu wenig lohne oder Hürden wie fehlendes Kita-Angebot gesetzt würden, so Fratscher.
Noch am Nachmittag rechtfertigte sich Lindner für seine Aussagen: "Ich stehe dazu: Wenn wir unseren Wohlstand sichern wollen, dann brauchen wir Gründergeist, unternehmerisches Risiko und auch Respekt vor Leistung wie eben Überstunden. (…) Blame me for it!"
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