Klimakonferenz in Ägypten: Hinweise auf Beobachtung bei COP

    Klimakonferenz in Ägypten:Viele Hinweise auf Beobachtungen bei COP

    von Julia Klaus und Elisa Miebach
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    Bei der Klimakonferenz in Ägypten mehren sich Hinweise, dass dort überwacht werden könnte. Fridays for Future berichtet von einem heimlich aufgenommen Foto eines internen Chats.

    Logo des Klimagipfels in Scharm el Scheich
    Klimagipfel im ägyptischen Scharm el Scheich: Das Land ist weit hinten bei der Pressefreiheit.
    Quelle: Reuters

    Auf der Weltklimakonferenz in Scharm el Scheich sollte es ausschließlich darum gehen, was gegen die Überhitzung der Erde getan werden kann. Doch ein freier Gedankenaustausch scheint nicht immer möglich. Teilnehmende berichten von dem Gefühl, beobachtet zu werden.

    Chat-Fotos im Internet aufgetaucht

    Zwei Aktivisten von Fridays for Future äußern gegenüber ZDFheute, dass Fotos von einem internen Chat später im Internet gelandet sind. Bei einer Veranstaltung zum Thema Menschenrechte am deutschen Pavillon hätten sich Aktivisten in einer internen Gruppe ausgetauscht, um sich für eine Aktion abzustimmen. Dabei habe ein Mann über die Schulter einer Aktivistin hinweg ein Foto des Chats gemacht und dies später auf Facebook gepostet. Man prüfe nun, ob man dagegen rechtlich vorgehen könne.
    ZDFheute kennt den Post, gibt seinen Inhalt aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen hier aber nicht wieder. Veröffentlicht wurde er von einem ägyptischen Parlamentsabgeordneten, der auch vom Gelände verwiesen wurde, weil er mehrfach gestört hat. Ob der Mann auch das Foto gemacht hat, ist nicht klar. Weil der Chattext auf dem Foto schlecht lesbar ist, hat er sich aber sogar die Mühe gemacht, den Chat-Inhalt abzutippen und ins Arabische zu übersetzen.

    Ägypten als COP27-Gastgeber
    :Angst vor Überwachung auf Weltklimakonferenz

    Das autoritär regierte Ägypten ist Gastgeber der Weltklimakonferenz COP27. Teilnehmende sind besorgt wegen möglicher Überwachung und berichten von ungewöhnlichen Vorgängen.
    von Nils Metzger
    Ägypten, Sharm El-Sheikh: Ägyptischer Polizist vor dem messegelände der COP27 Klimakonferenz.

    Filmaufnahmen am deutschen Pavillon

    Die dpa will erfahren haben, dass sich die deutsche Botschaft wegen einiger Zwischenfälle bei der ägyptischen Seite beschwert hat. Auslöser war, dass ägyptische Sicherheitsleute auch am deutschen Pavillon gefilmt haben. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es lediglich, man stehe in "einem kontinuierlichen Austausch mit der ägyptischen Seite". Auch ein Team des ZDF wurde am deutschen Pavillon beobachtet und gefilmt - von wem, ist nicht klar.
    Aktivistinnen protestieren für die Freilassung eines ägyptischen Menschenrechtsaktivist auf der COP 27.
    Der ägyptische Aktivist Alaa Abd el-Fattah sitzt seit 2013 fast durchgehend im Gefängnis. Beim Klimagipfel in Ägypten geht es auch um ihn und den Kampf für Menschenrechte.12.11.2022 | 2:18 min
    Auf dem Tagungsgelände selbst könnte auch mit Hilfe von standardmäßig verbauter Technik überwacht werden - das fürchtet Liane Schalatek von der Heinrich-Boell-Stiftung. ZDFheute hatte sie von unnötigerweise angeschalteten Kameras in Tagungsräumen für zivilgesellschaftliche Hintergrundtreffen berichtet:

    Die Kameras der Technikunterstützung im Raum zielen immer auf die Gesichter der Sprechenden. Das ist für solche internen Koordinierungstreffen sowohl unnötig als auch ungewöhnlich. Es ist dabei nicht auszuschließen, dass alles mitgeschnitten wird.

    Liane Schalatek, Heinrich-Boell-Stiftung

    Bestätigungen dafür gibt es aber bislang nicht.
    Besorgt sind COP-Teilnehmende auch über potenzielle Überwachungstechnik außerhalb des Geländes. In Taxis in der Stadt sind ebenfalls Kameras angebracht - offiziell, um das Verhalten der Fahrer zu überwachen. Ein Fahrer bestätigte gegenüber ZDFheute, dass die Menschen in den Autos gefilmt werden. Die Aufnahmen gehen dann an ein Beobachtungszentrum, das dem ägyptischen Innenministerium untersteht.
    Taxi in Ägypten
    Taxi in Ägypten
    Quelle: ZDF

    Ägypten: Bei der Pressefreiheit ganz weit hinten

    Ägypten ist immer noch eine de facto Militärdiktatur. Die Meinungsfreiheit ist stark eingeschränkt. Der Staat blockiert Webseiten und sperrt missliebige Personen jahrelang weg. Bei der Pressefreiheit belegt das Land Platz 168 von 180. Human Rights Watch kritisiert, dass im Vorfeld der Konferenz schon Dutzende Menschen wegen Aufrufen zu Protesten verhaftet worden seien.
    Inhaftiert ist etwa auch der ägyptische Demokratieaktivist Alaa Abdel Fattah, dem es laut seiner Schwester zunehmend schlechter geht. Er ist eines des Gesichter des "arabischen Frühlings" und sitzt seit Jahren im Gefängnis. Derzeit ist er im Hungerstreik. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich auf der COP für Fattahs Freilassung ausgesprochen.
    Viele Großveranstaltungen finden in nächster Zeit in Ländern statt, die mit Menschenrechten und Pressefreiheit ihre Probleme haben. Neben der Fußball-WM in Katar findet die nächste Klimakonferenz 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten statt.

    Terra X - die Wissens-Kolumne
    :Klimaschutz und Menschenrechte - passt das?

    Bei Klimakonferenzen berichten Journalisten über Emissionsminderungen, Finanzierungspakete für Klimaschäden, über Staaten, die blockieren - nur nicht über Menschenrechte.
    von Gregor Steinbrenner
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