Tausende Soldaten werden im Kampf gegen die Pandemie nicht genutzt. Gründe sind Geld und Bürokratie. Landräte berichten, wo die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr gut funktioniert.
Das Gesundheitswesen ächzt weiter unter der Corona-Pandemie. Zeitgleich sind von 20.000 von der Bundeswehr bereitgestellten Soldaten und Soldatinnen nur etwa 15.700 im Einsatz. Das Angebot, mit 10.000 weiteren Kräften gezielt in Alten- und Pflegeheimen aufzustocken, wurde sogar noch deutlich weniger genutzt. Nach Angaben der Streitkräftebasis sind dort aktuell kaum mehr als 1.000 Bundeswehrangehörige im Einsatz.
Weil Resourcen ungenutzt bleiben, ist auch Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) gerade im Sondereinsatz. Sie möchte den Eindruck vermeiden, die Bundeswehr würde in der Krise nicht ausreichend helfen. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett auf ihre Initiative hin auch, dass die Kosten für Bundeswehr-Amtshilfe vom Bund übernommen werden und nicht bei Städten und Landkreisen liegen bleiben.
Woran liegt die zögerliche Nachfrage?
Die Amtshilfe der Bundeswehr ist im Grundgesetz geregelt. Die Bundeswehr darf ihr Personal nicht selbst verteilen, sondern muss von den einzelnen Städten und Landkreisen aktiv um Hilfe gebeten werden.
Jeder dieser Anträge ist befristet und muss alle vier Wochen erneuert werden. Was hinzu kommt: Eigentlich müssen die Antragsteller auch für die Kosten und Auslagen dieser Amtshilfe aufkommen. Wenn jedoch aus Kostengründen notwendige Hilfe nicht angefordert würde, dann würde das auch auf die Verteidigungsministerin zurückfallen. Dazu sagte Kramp-Karrenbauer am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin:
Rückwirkend sollen jetzt alle Kosten für Einsätze seit März 2020 vom Bund übernommen werden.
Warum wurde diese Lösung nicht schon vor Monaten getroffen? Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums (BMVg) verwies ZDFheute gegenüber lediglich darauf, dass "konkrete Kostenentscheidungen erst später fällig gewesen wären", der Beschluss also "zeitgerecht" erfolgt sei. Sorgen vor langfristigen finanziellen Hypotheken konnten in manchen Ämtern so erst entstehen.
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Diese Lösungen haben Städte und Landkreise gefunden
Einer der ersten Landkreise, der Hilfe der Bundeswehr in Anspruch nahm, war Germersheim in Rheinland-Pfalz. Hier landete im Februar das Flugzeug mit Wuhan-Heimkehrern, die anschließend in einer Bundeswehr-Kaserne in Quarantäne mussten. Landrat Fritz Brechtel (CDU) berichtet ZDFheute, dass die Gründe für ihre "sehr gute Zusammenarbeit mit der Bundeswehr" auch darin liegen, dass es gewachsene Bundeswehr-Strukturen direkt vor Ort gebe.
Vor allem im November und Dezember mit 60 neuen Infektionsfällen täglich hätten sie bei der Nachverfolgung der Kontakte sehr geholfen. Vier, später neun Soldaten werden in Germersheim eingesetzt. Bei der Kostenübernahme habe sich Brechtel bislang auf mündliche Zusagen aus dem Verteidigungsministerium verlassen. "Wir erfüllen alle eine Aufgabe: Diese Pandemie zu bekämpfen. Ich habe einmal gelernt, dass das Geld der Aufgabe folgt."
Bundeswehr sieht Lernprozess der Verwaltung
Dass im Umgang mit der Amtshilfe ein Lernprozess stattfindet, zeigt auch die Anzahl der von der Bundeswehr abgelehnten Anträge: 339 von insgesamt 3609. "Das war vor allem in den ersten Monaten und hatte viele formaljuristische Gründe", berichtet ein BMVg-Sprecher ZDFheute.
Extra geschulte Soldaten und Handzettel auf der Webseite der Streitkräfte sollen den Landkreisen helfen, ihre Anträge korrekt einzureichen. 170 weitere Hilfeleistungen seien aktuell in Vorbereitung, eine Bearbeitung dauere aktuell zwischen 24 und 48 Stunden, so das Ministerium.
Gut geklappt hat das auch in Würzburg. "Wir haben jeden Antrag bewilligt bekommen", freut sich Landrat Thomas Eberth (CSU). Für ihn sei es vor allem von Vorteil, dass die Soldatinnen und Soldaten eigene Fahrzeuge mitbrächten und so mobil einsetzbar seien. "Letzte Woche hatten wir Schulungen, sodass sie künftig auch bei Schnelltests in Heimen Abstriche vornehmen können", so Eberth. Er würde jedem empfehlen, das Angebot der Bundeswehr zu nutzen.
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