Die Kritik an der Corona-Warn-App nimmt zu. Nutzer klagen über unverständliche Warnmeldungen. Die FDP wirft der Regierung "schwere Versäumnisse" bei der Kommunikation der App vor.
Der Vorsitzende des Digitalausschusses des Bundestags, Manuel Höferlin, fordert Nachbesserungen bei der Corona-Warn-App. Vor allem widersprüchliche Warnmeldungen und Fehler der App dürfe es nicht mehr geben. "Softwarefehler und Unklarheiten bei der Bedienung nicht umgehend zu beheben und offen und klar zu kommunizieren, ist ein schweres Versäumnis der Bundesregierung", sagt der FDP-Politiker ZDFheute. Die Große Koalition müsse die App jetzt weiterentwickeln. Er sei aber skeptisch, dass dafür genügend Mittel bereit stünden.
Hintergrund der Kritik: Nutzer klagen derzeit vermehrt über unverständliche Warnmeldungen in der App selber. Einigen zeigt sie zum Beispiel nach dem Öffnen eine Risikobegegnung an, trotzdem bleibt die App "grün", meldet also insgesamt ein "niedriges Risiko". Viele fragen sich: Warum ist mein Risiko immer noch niedrig, obwohl ich Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person hatte?
Warum hatte ich "1 Risiko-Begegnung"?
Das Robert-Koch-Institut, Herausgeber der App, erklärt das damit, dass die App zwar anonym einen Kontakt festgestellt hat, "aber die Person war zu weit entfernt oder die Begegnung war zu kurz". Wem also eine oder mehrere Risikobegegnungen angezeigt werden, muss sich keine Sorgen machen. Solange die App "grün" bleibt, besteht "kein Handlungsbedarf", so das RKI. Übersetzt: Sie müssen sich deswegen nicht auf Corona testen lassen.
Die Corona-Warn-App soll Infektionsketten unterbrechen. Lassen sich mit der App Kontaktpersonen nachverfolgen?
Vereinfacht gesagt: Die App misst über die Bluetooth-Technologie den Abstand zu anderen Handys. Auch die Dauer des Kontakts wird protokolliert. Eine Begegnung, die nur fünf Minuten gedauert hat und bei der man sich nicht näher als etwa drei Meter gekommen ist wird zwar protokolliert. Aber die App bewertet sie nicht als problematisch, ändert also nicht die Risikobewertung von niedrig auf erhöht.
Push-Meldung widerspricht der Corona-App
Doch es gibt noch ein weiteres Problem: Apple-Nutzer klagen, dass sie von ihrem Betriebssystem eine Push-Mitteilung erhalten, ein "wöchentliches Update". In dieser Mitteilung steht oft eine andere, höhere Zahl von Risikobegegnungen als in der Corona-Warn-App. Das RKI sagt, in dieser Push-Mitteilung werden auch solche Begegnungen gezählt, "bei denen der Abstand mehr als acht Meter betrug oder die nur wenige Minuten dauerten."
Das heißt: Corona-Warn-App und die Push-Mitteilung des Betriebssystems definieren Risikobegegnungen unterschiedlich. Die Corona-Warn-App zeigt Begegnungen mit acht Metern Abstand gar nicht erst an. Und Begegnungen mit drei Metern Abstand werden zwar angezeigt, verändern aber nicht das Risiko von "niedrig" auf "erhöht". Die Push-Nachricht hingegen zeigt alle Begegnungen an. Auch solche, bei denen der Abstand mehr als acht Meter betragen hat. Wer soll das verstehen?
Kritik an schlechter Kommunikation der App
Netzexperte Henning Tillmann vom Verein D64 kritisiert deswegen die schlechte Kommunikation der App. "Wenn man von seinem Betriebssystem eine andere Meldung bekommt als von der Corona-Warn-App muss da auch ein Info-Button stehen mit der Information: Machen Sie sich keine Sorgen, das liegt an diesen oder jenen technischen Details. So etwas muss immer direkt erklärt werden."
Tillmann beklagt, dass Bundesregierung und RKI in Sachen App nachließen.
Auch FDP-Mann Höferlin findet, dass die Bundesregierung "seit Beginn der Entwicklung der Corona-Warn-App nicht durch eine gelungene Kommunikation glänzt". Dabei halten Tillmann und Höferlin die App grundsätzlich für gelungen. Doch der Umgang mit ihren Fehlern verspiele, da sind sich beide einig, Vertrauen von Nutzern.
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