Angesichts steigender Infektionszahlen rufen Wissenschaftler und auch Politiker eindringlich zu einem Umdenken in der Corona-Politik auf. Es müsse striktere Maßnahmen geben.
Angesichts rasant steigender Infektionszahlen mehren sich Forderungen nach einem Kurswechsel in der Corona-Politik. 35 führende Mediziner und Wissenschaftler anderer Disziplinen mahnten in einem Appell an Bund und Länder ein konsequenteres Vorgehen an. Und auch aus der Politik gibt es warnende Stimmen.
Forscher: Infektionsgeschehen breitet sich unkontrolliert aus
In dem dreiseitigen Aufruf der 35 Wissenschaftler, der dem ZDF vorliegt, hieß es: "Jeder Tag des Abwartens kostet Menschenleben."
Statt mit "passivem Abwarten" die Verantwortung für ein Brechen der vierten Welle zunehmend "in den Ermessensspielraum jedes einzelnen Menschen zu verlagern", müsse die Politik endlich "ihrer Verantwortung umfassend gerecht werden", mahnten die Experten.
Warnung vor Zusammenbruch des Gesundheitssystems
Das Infektionsgeschehen breite sich derzeit unkontrolliert aus, das Gesundheitssystem liefe Gefahr, zusammenzubrechen, warnen die Wissenschaftler.
Federführend verantworteten der Kölner Internist Michael Hallek und die Braunschweiger Virologin Melanie Brinkmann den gemeinsamen Text von Forscherinnen und Forschern aus allen Teilen Deutschlands.
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Einrichtung eines nationalen Krisenstabs gefordert
Die Autoren kritisieren den zeitweiligen Rückbau von Test- und Impfzentren sowie eine politische Festlegung von Zeitpunkten für ein angebliches Ende der Pandemie. Es sei notwendig, die Realität anzuerkennen:
Die Forscher fordern in ihrem Aufruf die Einrichtung eines nationalen Krisenstabs mit Fachleuten aus Virologie, Medizin und Öffentlicher Gesundheit, aber auch Praktikern mit Leitungserfahrung, etwa aus Kliniken oder Unternehmen.
Lauterbach: Todeszahlen werden zunehmen
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte die sofortige Umsetzung strikter Maßnahmen, um die vierte Welle zu brechen. Die Corona-Fallzahlen müssten dringend gesenkt werden, sagte er der "Rheinischen Post".
"Leider ist zu erwarten, dass die Todeszahlen deutlich zunehmen", so Lauterbach weiter. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich in ihrem am Samstag veröffentlichten Video-Podcast besorgt und sprach von "sehr schwierigen Wochen, die vor uns liegen".
Union will epidemische Lage verlängern
Die Unionsfraktion im Bundestag bereitete unterdessen einen Antrag zum Fortbestand der epidemischen Lage von nationaler Tragweite über den 25. November hinaus vor. Die Unionsfraktion will das Papier am kommenden Donnerstag im Bundestag zur Beratung und Abstimmung vorlegen.
Angesichts der dramatisch steigenden Infektionszahlen und einer drohenden Überlastung des Gesundheitssystems sei die Voraussetzung für eine Verlängerung der epidemischen Lage gegeben, heißt es in dem Antrag, wie die Fraktion dem Evangelischen Pressedienst (epd) bestätigte.