Wie weiter mit Astrazeneca? Die WHO sagt: Nutzen überwiegt Risiken. Heute berät die EMA, morgen tagen Bund und Länder. Die Impfstrategie wackelt.
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA will an diesem Donnerstag entscheiden, ob der Astrazeneca-Impfstoff gegen das Coronavirus weiter verwendet werden soll. Sein Gebrauch war in Deutschland und anderen Ländern nach einigen Fällen von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zu Impfungen ausgesetzt worden. Wie es nach der Bewertung durch die EMA weiter geht, wollen Bund und Länder am Freitag bei einem "Impfgipfel" beraten.
Ärzte setzen bei Astrazeneca auf Vertrauen der Patienten
Im Fall der Aufhebung des Impfstopps für das Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers fordern Hausärzte, das Mittel rasch in ihren Praxen zu verabreichen. So sagte der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland:
"Dies wird eines enormen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient bedürfen." Im Impfzentrum werde das nicht möglich sein.
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten sich darauf geeinigt, Mitte April mit dem Impfen in Praxen zu starten. Endgültige Beschlüsse sollen am Freitag gefasst werden.
- WHO empfiehlt weiterhin Astrazeneca
Die WHO versucht die Vorfälle von Blutgerinnseln und einem möglichen Zusammenhang mit Astrazeneca-Impfungen zu zerstreuen. Die Vorteile lägen höher als die Risiken.
Nach Kritik nun auch Unterstützung für Spahn
Gesundheitsminister Jens Spahn war für seine Entscheidung, die Impfung mit Astrazeneca auszusetzen, zunächst heftig kritisiert worden. Zuletzt regte sich von vielen Seiten aber auch Unterstützung für den CDU-Politiker. Spahn habe keine andere Möglichkeit gehabt, als den Empfehlungen des Paul-Ehrlich-Instituts zu folgen, sagte CDU-Chef Armin Laschet am Mittwochabend in der ARD.
Der Bundesvorsitzende des Virchowbundes der niedergelassenen Ärzte, Dirk Heinrich, sagte der "Berliner Zeitung": "Der Stopp zeigt, dass unser System funktioniert."
Kassenärzte: Astrazeneca nicht bei Alten und in Kombination mit Anti-Baby-Pille
Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Frank Bergmann, hält künftig auch eine eingeschränkte Zulassung für den Astrazeneca-Impfstoff für möglich.
Dann könne es vielleicht eine Zulassung mit Einschränkungen geben: "Etwa nur für bestimmte Altersgruppen oder beispielsweise ohne gleichzeitige Nutzung der Pille", sagte Bergmann der "Rheinischen Post". Vom "Impfgipfel" fordert er Klarheit: "Ich hoffe auf klare Ansagen, wie es mit Astrazeneca weitergeht.
Nach ihrem "Impfgipfel" am Freitag kommen die Spitzen von Bund und Ländern am Montag wieder zusammen, um über das weitere Vorgehen in der Pandemie zu beraten.