Astrazeneca wehrt sich gegen Vorwürfe der EU - und sieht in deren später Bestellung den Grund für Lieferengpässe. Der Firmenchef betont, mit dem Impfstoff werde kein Geld verdient.
Im Streit mit der EU-Kommission sieht der Pharmakonzern Astrazeneca den langsamen Vertragsabschluss als Grund für Lieferengpässe. "Wir sind in Europa jetzt zwei Monate hinter unserem ursprünglichen Plan. Wir hatten auch Anfangsprobleme in Großbritannien. Aber der Vertrag mit den Briten wurde drei Monate vor dem mit Brüssel geschlossen. Wir hatten dort drei Monate mehr Zeit, um Pannen zu beheben", sagte Astrazeneca-Chef Pascal Soriot der "Welt".
"Wir verdienen damit kein Geld"
Sein Unternehmen sei vertraglich nicht zur Lieferung bestimmter Mengen Impfstoff verpflichtet. Astrazeneca habe eine "Best effort"-Vereinbarung mit der Europäischen Union abgeschlossen. "Der Grund war, dass Brüssel mehr oder minder zum selben Zeitpunkt beliefert werden wollte wie die Briten - obwohl die drei Monate früher unterzeichnet hatten. Darum haben wir zugesagt, es zu versuchen, uns aber nicht vertraglich verpflichtet", so Soriot.
In Brüssel gibt es den Verdacht, dass Astrazeneca andere Länder wie Großbritannien außerhalb der EU mit ungekürzten Mengen des Impfstoffs beliefert. Astrazeneca konnte bei zwei Treffen mit der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten am Montag Brüssel zufolge nicht ausreichend erklären, wie es zu den Lieferengpässen gekommen ist. Laut Kommission ist für Mittwoch nun ein weiteres Treffen mit dem Unternehmen angesetzt.
31 statt 80 Millionen Dosen bis Ende März
Die EU hatte im August bis zu 400 Millionen Impfdosen gegen das Coronavirus von Astrazeneca bestellt und nach eigenen Angaben 336 Millionen Euro für Entwicklung und Fertigung vorgestreckt. Nach Darstellung der EU-Kommission hätte Astrazeneca seit Oktober auf Halde produzieren müssen, damit der Impfstoff sofort nach der Zulassung in der EU bereitsteht. Statt 80 Millionen Impfdosen sollen nach EU-Angaben bis Ende März nur 31 Millionen ankommen. Den angegebenen Grund - Probleme in der Lieferkette - will die EU nicht gelten lassen.
Die EU-Arzneimittelagentur EMA will den Impfstoff von Astrazeneca am Freitag zulassen. Sie schließt nicht aus, dass dies nur für bestimmte Altersgruppen gilt. "Ich werde der Entscheidung nicht vorgreifen", sagte EMA-Chefin Emer Cooke in einer Anhörung im Europaparlament. Eine begrenzte Zulassung sei aber grundsätzlich möglich. Dies werde genau geprüft.
Nur wenige Testdaten für Ältere
Cooke bestätigte, dass für den Astrazeneca-Impfstoff nur wenige Testdaten für ältere Menschen vorlägen. Die EMA prüfe nun im Zulassungsverfahren alle vorhandenen Daten darauf, was diese für die getesteten Bevölkerungsgruppen aussagten und was sich daraus belastbar für andere Gruppen schließen lasse. Als falsch hat sich allerdings die Meldung herausgestellt, dass der Astrazeneca-Impfstoff bei älteren Menschen nur eine geringe Wirkung habe.
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