Experten und Behörden halten den Astrazeneca-Impfstoff für sicher. Dennoch äußern Berufsverbände Vorbehalte bei Impfungen. Die Gewerkschaft der Polizei fordert mehr Informationen.
Wie sicher und zuverlässig ist der Impfstoff von Astrazeneca gegen Corona? Experten wie der Virologe Christian Drosten und die zuständigen Gesundheitsministerien von Bund und Ländern betonen die Qualität des Vakzins gegen das Virus.
Doch obwohl der Impfstoff regulär zugelassen wurde, verlangen manche Vertreter jener Berufsverbände, die jetzt oder bald geimpft werden sollen, mehr Informationen über Wirksamkeit oder mögliche Nebenwirkungen. ZDFheute sprach mit Jörg Radek, dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei.
ZDFheute: Es gab Vorbehalte aus den GdP-Landesverbänden zum Einsatz des Astrazeneca-Impfstoffs bei Polizistinnen und Polizisten. Teilen Sie auf Bundesebene diese Sorgen?
Jörg Radek: Ich bin kein Arzt, aber was ich aus dieser Tätigkeit heraus weiß ist, dass die Polizei immer das Bestmögliche braucht, um den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Ob das jetzt bei der Fahrzeugausstattung ist oder beim Impfstoff. Wenn wir Sicherheit und Ordnung herstellen müssen, muss der bestmögliche Impfstoff der Polizei angeboten werden, damit sie ihren gesetzlichen Auftrag ausführen kann.
ZDFheute: Experten und die jeweiligen Gesundheitsministerien betonen aber, dass der Impfstoff sicher ist. Woran machen Sie fest, dass Astrazeneca nicht der bestmögliche ist?
Radek: Ich bin da kein Mediziner, ich muss mich da auf die wissenschaftliche Expertise verlassen. Ich habe aber eine Erwartungshaltung: dass es der bestmögliche Impfstoff ist. Darauf muss sich der Beamte verlassen können. Ich erlebe eine Debatte, wo es unterschiedliche wissenschaftliche Auffassungen zu den unterschiedlichen Impfstoffen gibt. Ich leite nur daraus ab, dass ich den bestmöglichen möchte. Ich mache das nicht an einem Namen fest, ich mache es nicht an der Pharmazie fest, sondern an der Erwartungshaltung.
Die Entscheidung, welcher das ist, das müssen dann die Ministerien und polizeiärztlichen Dienste treffen. Und die müssen sie dann auch verantworten.
ZDFheute: Es gibt gerade nur eine begrenzte Impfstoffmenge. Wenn Sie sagen, Polizistinnen und Polizisten benötigen den bestmöglichen Impfstoff, wer soll dann den zweitbesten bekommen?
Radek: Ich möchte in keine Konkurrenzsituation zu einer anderen Berufsgruppe gehen. Das ist eine Diskussion, die entbrennt, weil wir eine Knappheit an Impfstoff haben. Hätten wir ausreichend Impfstoff, würden wir beide diese Diskussion nicht führen. Ich möchte für meine Kollegen das, was sie für ihren schwierigen Auftrag in der Pandemie benötigen.
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ZDFheute: Wie soll das konkret aussehen? Fordern Sie, dass Polizistinnen und Polizisten eine Wahlfreiheit haben, mit welchem Impfstoff sie geimpft werden möchten?
Radek: Das ist etwas, was die Polizeien in Bund und Ländern entscheiden müssen. Ob das jetzt der einzelne Polizist entscheiden kann, würde ich zur Zeit nicht beantworten wollen. Wir sind ausgebildete Polizisten und keine Ärzte oder Virologen. Wir wissen nicht, was in dieser Pandemie am stärksten wirkt. Mein Anliegen ist, dass transparent gemacht wird, warum man sich für Impfstoff X oder Y entschieden hat.
Wie ist die Datenlage bei Astrazeneca aktuell? Der Virologe Martin Stürmer ordnet die Studien ein:
Die Kritik an dem Impfstoff von Astrazeneca reißt nicht ab. "Der Wirkstoff Atrazeneca ist nicht so viel schlechter als anderen Impfstoffe und bildet einen wichtigen Baustein im Rahmen unserer Impfstrategie", so der Virologe Dr. Martin Stürmer.
ZDFheute: Es gab in den letzten Tagen Medienberichte über Berufsgruppen, die in großer Zahl ihre Impftermine mit Astrazeneca sausen lassen. Wie hoch ist die Impfbereitschaft bei Polizistinnen und Polizisten und hätten Sie Verständnis dafür, wenn sie beim Astrazeneca-Impfstoff nicht sehr hoch wäre?
Radek: Aus meiner Sicht wird zu wenig für die Aufklärung und für die Überzeugungsarbeit getan, dass Impfungen notwendig sind.
Daran muss gearbeitet werden, damit wir eine hohe Akzeptanz bei dem Impfstoff haben, der dann verimpft werden soll.
ZDFheute: Würden Sie Ihre Mitglieder aktuell aufrufen, sich impfen zu lassen oder wären Sie da zurückhaltend?
Radek: Wenn es um einen Aufruf geht ohne eine Präferenz für einen bestimmten Impfstoff, dann kann ich sagen, ja, Impfen ist wichtig. Es ist ein Schritt um diese Pandemie einzudämmen. Wir sind natürlich auch mündige Bürger, die sich informieren und mitbekommen, was in der Diskussion ist. Da kann man nur mit einer politischen Kommunikation begegnen, die offen, die transparent, die offensiv ist, die Menschen ihre berechtigten Ängste nimmt. Das ist gerade für die Bereiche wichtig, die Sicherheit und Ordnung herstellen.
Die Fragen stellte Nils Metzger.