Auch Deutschland setzt jetzt die Impfung mit Astrazeneca aus. Dabei handele es sich um eine Vorsichtsmaßnahme. SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach kritisiert die Entscheidung.
Deutschland setzt die Impfungen mit dem Impfstoff von Astrazeneca vorerst aus. Vorausgegangen waren Meldungen von Blutgerinnseln im zeitlichen Zusammenhang mit einer Corona-Impfung mit dem Präparat, teilte das Bundesgesundheitsministerium in Berlin mit.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte bei einer extra anberaumten Pressekonferenz, es handele sich um "eine fachliche Entscheidung und keine politische". "Um das Vertrauen in den Impfstoff zu erhalten, müssen wir unseren Expertinnen und Experten in Deutschland und der Europäischen Union die Zeit geben, die jüngsten Vorfälle zu prüfen", so Spahn. Das Ergebnis der Überprüfung sei jedoch offen, betonte Spahn. Idealerweise solle die EMA im Laufe der Woche noch zu einer Entscheidung kommen.
Lauterbach: Aussetzung ist ein Fehler
Karl Lauterbach kritisiert den Schritt. Im Gespräch mit ZDFheute sagte der Gesundheitsexperte der SPD: "Ich halte das für einen Fehler."
sagte Lauterbach weiter. Er habe noch am Wochenende mit Jens Spahn geredet und ihm geraten, den Impfstoff weiter einzusetzen. "Ich weiß nicht, warum er sich anders entschieden hat." Es gebe Daten, die zeigten, dass es bei zehn Millionen Impfungen nur 14 Thrombosefälle gegeben habe. "Man hätte den Impfstoff also weiter verimpfen können. Wann Deutschland Astrazeneca wieder einsetzt, kann ich im Moment noch nicht sagen."
Ministerium: Vorsorglicher Schritt
Es handele sich um einen vorsorglichen Schritt, dem eine Empfehlung des zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) vorangegangen sei, sagte ein Sprecher des Ministeriums zu der Aussetzung der Impfungen.
so der Sprecher. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA werde entscheiden, ob und wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Zulassung des Impfstoffes auswirken.
EMA: Keine Auffälligkeiten
Zuvor hatten auch die Niederlande Impfungen mit dem Impfstoff des britisch-schwedischen Pharmakonzerns Astrazeneca für zwei Wochen ausgesetzt. Dies geschehe auf der Grundlage "neuer Informationen", hatte Gesundheitsminister Hugo de Jonge am späten Sonntagabend mitgeteilt. Dabei bezog er sich auf sechs Fälle möglicher Nebenwirkungen in Dänemark und Norwegen an diesem Wochenende. "Wir müssen immer auf Nummer sicher gehen", sagte der Minister.
Die EMA erklärte allerdings, dass es keine auffällige Häufung von Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gebe. Der Nutzen der Verabreichung des Astrazeneca-Mittels sei größer als die Risiken.
- Coronavirus
Wie ist die Lage in Corona Deutschland 2022? Wer braucht die vierte Impfung gegen das Coronavirus? Welche Regeln plant die Ampel-Koalition? Bleiben Sie aktue...
Stopp auch in Italien und Frankreich
Auch Italien hat die Verabreichung des Corona-Impfstoffes von Astrazeneca landesweit gestoppt. Das teilte die italienische Arzneimittel-Agentur Aifa am Montag mit. Die Verwendung werde vorsorglich und vorübergehend eingestellt, bis eine Entscheidung der EMA vorliege, hieß es.
Italienische Experten hatten das Corona-Vakzin zuletzt weiter für sicher befunden. Sie hatten auch betont, dass es zwar einen zeitlichen Zusammenhang zwischen den Impfungen und Todesfällen gegeben habe, jedoch kein kausaler Zusammenhang nachgewiesen wurde.
Frankreich hat sich am Montag ebenfalls zur Aussetzung entschieden. Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach ebenfalls von einer Vorsichtsmaßnahme. Sein Land hoffe, dass die Impfungen mit dem Serum von Astrazeneca "bald" wieder aufgenommen werden könnten.
Astrazeneca: Kein erhöhtes Risiko
Zuletzt hatte die irische Impfkommission sich für einen vorübergehenden Stopp der Impfungen mit dem Präparat ausgesprochen. Es handele sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme.
Astrazeneca wies nach einer Analyse von Impfdaten erneut Sorgen über die Sicherheit seines Corona-Impfstoffes zurück. Eine sorgfältige Analyse der Sicherheitsdaten von mehr als 17 Millionen Geimpften in der EU und Großbritannien habe keine Belege für ein höheres Risiko für Lungenembolien, tiefen Venenthrombosen und Thrombozytopenie geliefert, wie der Konzern in London mitteilte.
Damit bezieht sich das Unternehmen nun auf noch mehr Datensätze. Am Freitag hatte Astrazeneca sich bereits ebenso geäußert und dabei auf zehn Millionen Datensätze verwiesen.