Mit Astrazeneca hat die EU einen dritten Impfstoff. Die deutsche Impfkommission empfiehlt aber, diesen nur Unter-65-Jährigen zu geben. Was sagen Experten zu dieser Beschränkung?
Die EU-Kommission hat den dritten Corona-Impfstoff zugelassen und folgte damit der Empfehlung der EU-Arzneimittelbehörde (EMA): Das Präparat von Astrazeneca soll allen Menschen ab 18 Jahren verabreicht werden können - ohne Altersbeschränkung nach oben.
Doch wirkt das Vakzin auch bei Menschen über 64 Jahre? Diese Woche waren Zweifel aufgekommen - es lägen nicht genug Daten vor, um zu belegen, dass der Impfstoff bei älteren Menschen ausreichend wirksam sei.
Stiko empfiehlt Astrazeneca-Vakzin nur bis 64 Jahre
Deswegen soll aus Sicht der Ständigen Impfkommission (Stiko) für den Einsatz von Astrazeneca eine Altersvorgabe gelten. Das Präparat werde "aktuell aufgrund der derzeit verfügbaren Daten nur für Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren empfohlen", heißt es am Freitag in einem Beschluss des am Robert-Koch-Institut (RKI) angesiedelten Gremiums.
Zur Beurteilung der Impfeffektivität ab 65 Jahren lägen bisher nicht genug Daten vor. "Abgesehen von dieser Einschränkung wird dieser Impfstoff ebenfalls als geeignet zum Individualschutz und zur Bekämpfung der Pandemie angesehen", erläuterte die Stiko weiter. Gesundheitsminister Jens Spahn sagte in Berlin, auch wenn Astrazeneca nur bei Jüngeren eingesetzt werde, werde es trotzdem von großem Nutzen an sein.
Eine Altershöchstgrenze soll es laut Europäischer Arzneimittel-Agentur nicht geben, auch wenn die Datenlage bei Menschen über 55 Jahren dünn ist. Schutz sei dennoch zu erwarten.
Experte rät zur Revidierung der Stiko-Entscheidung
Die Entscheidung der Stiko sieht der Infektiologe Gerd Fätkenheuer als Rückschlag für die Impfbemühungen in Deutschland. "Um rasch die besonders gefährdeten älteren Personen zu impfen, werden alle zugelassenen Impfstoffe benötigt", sagt der Leiter der Infektiologie an der Uniklinik Köln gegenüber dem Science Media Center Germany.
Der Experte plädiert dafür, die Entscheidung der Stiko möglichst rasch zu revidieren.
EMA empfiehlt Astrazeneca auch für Ältere
Laut EMA liegen bisher zwar "nicht genügend Ergebnisse bei älteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern über 55 Jahre alt vor, um eine sichere Aussage darüber zu treffen, wie gut der Impfstoff in dieser Altersgruppe wirkt". Es werde jedoch "ein Schutz" erwartet, da auch in dieser Altersgruppe typische Immunreaktionen wie bei anderen Impfstoffen beobachtet worden seien.
Da zudem verlässliche Informationen zur Sicherheit in der älteren Bevölkerungsgruppe vorlägen, sind die EMA-Experten der Ansicht, dass der Impfstoff bei älteren Erwachsenen eingesetzt werden könne. Weitere Informationen werden aus laufenden Studien erwartet, die einen höheren Anteil älterer Teilnehmer einschließen.
Salzberger: "Wirksamkeit nicht gut beurteilbar"
Das reicht Bernd Salzberger, Bereichsleiter der Infektiologie am Universitätsklinikum Regensburg, nicht. "Die offenen Fragen sind die der optimalen Dosierung und der Wirksamkeit bei Älteren", sagt Salzberger gegenüber dem Science Media Center Germany.
Trotz dieser offenen Fragen sei jedoch damit eine raschere Durchimpfung der Bevölkerung zunächst in Europa in Aussicht – "gerade im Licht der neu zirkulierenden Varianten ein wichtiges Argument".
- Astrazeneca nur bis 64: Neue Impfreihenfolge?
Der Astrazeneca-Impfstoff soll nach Empfehlung der deutschen Impfkommission wohl nur Menschen unter 65 Jahren gespritzt werden. Wer jetzt früher drankommen könnte.