Geboostert und befreit - so das Versprechen einiger Politiker. Aber was, wenn der Booster-Schutz nachlässt oder sich Omikron ausbreitet? Ein Virologe warnt vor Lockerungen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und andere Politiker*innen stellen Lockerungen für geboosterte Personen in ganz Deutschland in Aussicht, zum Beispiel einen Wegfall der Testpflicht gegen Corona. In manchen Bundesländern werden diese Vorteile bereits umgesetzt. Aber ergibt das Sinn? Der Virologe Martin Stürmer sagt ganz klar: nein.
Appell: Prävention statt Reaktion
Momentan stiegen die Infektionszahlen zwar nicht drastisch an, aber laut Stürmer müsse man davon ausgehen, dass die Omikron-Variante bald auch in Deutschland spürbar zunehme. "Wir sehen, dass es sich in Südafrika sehr stark verbreitet hat und sich in England stark ausbreitet." Stürmer erwartet eine ähnliche Entwicklung in Deutschland und fordert Vorkehrungen, "um das Ganze deutlich zu verzögern".
Solche Vorkehrungen wären: keine Befreiung von Tests oder anderen Einschränkungen. Im Gegenteil: Stürmer plädiert für strengere Regeln - auch für Geboosterte. Selbst wenn unmittelbar nach der Auffrischungsimpfung ein guter Schutz gegen die Virusweitergabe auch bei Omikron herrsche: Die Datenlage dazu sei noch sehr unsicher: "Deswegen würde ich zum jetzigen Zeitpunkt dafür plädieren, eher präventiv zu argumentieren – entsprechend die Kontakte zu reduzieren, keine Lockerungen für Geboosterte durchführen und die Testkapazitäten ausnutzen, um möglichst viel zu erfahren."
Intensivmediziner:innen warnen heute, dass die neue Omikron-Variante des Coronavirus bereits im Januar auch hier vorherrschen wird. Bisher gab es 64 Fälle in Deutschland.
Virologe empfiehlt: Kontaktreduzierung bis zum Frühjahr
Eine Kontaktreduzierung empfiehlt Stürmer bis zum Frühjahr, wenn "in unserem Alltagsleben auch wieder mehr Aktivitäten im Freien möglich sind, die Zahlen insgesamt runtergehen und der Omikron-Impfstoff verfügbar sein wird".
Auf die angepassten Vakzine zu warten, hält der Virologe dagegen für einen Fehler. "Ich würde jedem Menschen empfehlen, die Booster-Impfung so schnell wie möglich wahrzunehmen - entsprechend der vorgegebenen Zeitrahmen." Auch Ungeimpften rät er, sich so schnell wie möglich impfen zu lassen - und ab März dann den an Omikron angepassten Impfstoff zu verwenden, "um eine Auffrischimpfung zu starten".
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Langfristiges Impfschema bei Corona entwickeln
Eine Rückkehr zur Normalität ist für Stürmer an ein funktionierendes Impfschema geknüpft - also die Erkenntnis, wann und wie oft man gegen Corona geimpft werden muss, um geschützt zu sein. "Wenn wir ein akzeptables Impfschema gefunden haben, das zum einen für die Bevölkerung praktikabel und umsetzbar ist und zum anderen auch dafür geeignet ist, das Infektionsgeschehen deutlich einzudämmen, dann können wir auch die Maßnahmen zurückfahren."
Dass Impfungen immer wieder angepasst werden, ist nichts Neues. Auch bei anderen, bereits bekannten Krankheiten und Viren dauerte es viele Jahre, bis ein Impfstoff und ein Impfschema entwickelt wurde, beispielsweise bei der Grippeschutzimpfung.
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