Die Kassenärzte würden lieber Impfen und Boostern, statt über ein nationales Impfregister zu diskutieren. Datenschützer Ulrich Kelber hält ein Register dagegen für umsetzbar.
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, hat sich gegen eine allgemeine Corona-Impfpflicht ausgesprochen. Statt "jetzt ein großes, unbeherrschbares Rad zum Thema Impfpflicht und Impfregister zu drehen", wäre es besser, "alle Anstrengungen aufs Impfen und Boostern zu richten", sagte Gassen der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Gassen: Pflichtimpfung bei kurzer Wirkung unrealistisch
Die KBV halte "die zeitnahe Erstellung eines zentralen Registers zur Vorbereitung einer möglichen Corona-Impfpflicht für unrealistisch", sagte der Kassenärztechef. Deren Aufbau würde "Monate, vielleicht auch Jahre dauern". Zudem könne den Menschen nicht ernsthaft eine Impfpflicht auferlegt werden, wenn möglicherweise "die Wirkung des Impfstoffes immer nur ein paar Monate hält".
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek, CSU, plädiert für die zeitnahe Umsetzung einer allgemeinen Impfpflicht und "Konsequenzen, wenn man sie nicht einhält".
Gassen warnte davor, an den Plänen für eine Corona-Impfpflicht festzuhalten. "Solange es zu den wesentlichen Fragen keine abschließende Antwort gibt, sollte sich die Politik mit Impfpflicht-Ankündigungen bedeckt halten, sonst werden einerseits unerfüllbare Erwartungen geweckt und andererseits unnötig gesellschaftliche Konflikte geschürt", sagte der KBV-Chef.
Die beiden wichtigsten Ziele, die man mit einer Impfpflicht erreichen wolle, also Herdenimmunität oder die Ausrottung des Virus, seien "bei Sars-Cov-2 ohnehin nicht zu erreichen".
Buschmann: Bei nationalen Registern zurückhaltend
Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) steht der Einführung eines nationalen Impfregisters im Zuge einer möglichen Corona-Impfpflicht skeptisch gegenüber. "Bei nationalen Registern, die Daten über die gesamte Bevölkerung speichern, bin ich stets zurückhaltend", sagte Buschmann der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Datenschützer befürchten hier den Einstieg in einen umfassenden Zugriff des Staates auf alle Gesundheitsdaten der Bürgerinnen und Bürger."
Vor dem Hintergrund der Debatte über eine Impfpflicht wurden zuletzt auch die Forderungen nach einem nationalen Impfregister immer lauter. Befürworter eines solchen Registers argumentieren, dass eine effektive Kontrolle einer Impfpflicht auf andere Weise kaum möglich wäre. Dem widersprach Buschmann in der "FAZ".
Er sprach sich für stichprobenartige Kontrollen von Nachweisen aus, wie es sie etwa jetzt auch bei der 3G-Regel im Bahnverkehr gebe.
Kelber: Zuerst konkrete Ziele benennen
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, bezeichnete die Einführung eines nationalen Impfregisters unterdessen als machbar.
Das sagte Kelber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Allerdings müsse die Politik "dringend zuerst ganz konkret die Ziele benennen, die sie erreichen will, damit man beurteilen kann, ob dafür ein zentrales Impfregister notwendig ist oder andere Maßnahmen ausreichen oder sogar besser geeignet sind".
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