Während Deutschland auf den digitalen Impfpass der Bundesregierung wartet, hat ein Magdeburger Unternehmen bereits eine Lösung entwickelt. Kostenlos und sicher soll sie sein.
"Unser Impfpass ist fertig", sagt Martin Behmann, Geschäftsführer des Magdeburger Unternehmens Alive Service. Eine halbe Million hat er privat investiert, nachdem er bereits im Dezember die Idee hatte, so schnell wie möglich einen digitalen Nachweis für Geimpfte bereitzustellen.
Seine Frau dachte, er spinnt. "Wie gut, dass wir eine getrennte Kasse haben", so Behmann. Seit April ist seine kostenfreie Software nun auf dem Markt und wird zumindest im Landkreis Ebersberg in Bayern bereits eingesetzt. Über 50.000 Impfpässe haben sie inzwischen insgesamt ausgestellt.
Millionen müssen nachträglich registriert werden
Bundesweit hingegen lässt der digitale Impfpass noch auf sich warten. Die vom Gesundheitsministerium beauftragten Firmen IBM, Ubirch, govdigital und Bechtle werden ihre Impfpass-App, genannt CovPass, voraussichtlich erst Ende Juni fertig haben. Millionen Menschen, die bereits geimpft worden sind oder bis dahin eine Spritze erhalten werden, müssen dann nachträglich registriert werden.
Wann kommt der digitale Impfpass?
Wenn man auf die Pläne der Bundesregierung blickt, wer diese Aufgabe übernehmen soll, ist fraglich, ob dies zeitnah zu schaffen ist. Geplant ist, dass Impfzentren, Apotheker*innen sowie Ärztinnen und Ärzte sich darum kümmern sollen. Doch die klagen aktuell schon über immense Überlastung durch Impfungen und Testungen.
Auf Anfrage von ZDFheute, wieso bereits fertige, kostenfreie Lösungen für einen digitalen Impfpass aktuell nicht genutzt werden, erklärt das Gesundheitsministerium lediglich, wie es eingangs zu der Auftragsvergabe kam. Dabei habe es sich um eine Dringlichkeitsvergabe gehandelt, bei der "nicht alle Anbieter kontaktiert werden, da das zu einer nicht hinnehmbaren Verzögerung führen würde".
Bedenken in Sachen Datensicherheit
Im Vorfeld der Vergabe waren es vor allem Datenschutz und Datensicherheitsdebatten, die öffentlich Besorgnis erregten. Auch Martin Behmanns Firma hatte sich damit intensiv auseinandergesetzt. Dafür hat er sich nach eigenen Angaben Tipps vom TÜV Nord und Zertifizierungsunternehmen eingeholt.
So würden sie mit ihrem "Alive Digital Health Pass" nur Verwaltungsdaten wie die Personalausweisnummer verarbeiten, jedoch keine Namen oder Adressen. Die Passnummer werde anschließend mit den Impfstoffinformationen verknüpft.
Die Bundesregierung verweist in Sachen CovPass vor allem darauf, dass die digitalen Impfnachweise nur temporär in einem Impfprotokollierungssystem erstellt und anschließend gelöscht würden. "Eine dauerhafte Speicherung ist nur dezentral auf den Smartphones der Nutzer vorgesehen."
[Mehr zum digitalen Impfpass und was er können soll:]
- Deutschland sucht den digitalen Impfpass
Seit fast 60 Jahren begleitet uns der gelbe Impfpass. Er ist weltweit gültig und weist alle Impfungen nach. Aber er ist eben analog und nicht fälschungssicher.
Behmann warnt davor, dass dies eine Sicherheitslücke sein könnte, da ein unveränderbarer QR-Code abfotografiert und/oder entwendet werden könnte. Behmann setzt hier lieber auf einen QR-Code, der alle 60 Sekunden neu generiert wird.
"Wir liegen im Zeitplan"
Behmanns Firma arbeitet zwar seit Jahren mit medizinischen Daten und Krankenkassen, doch beim Bund hat ihn nach wie vor niemand auf dem Schirm. Er glaubt, dass sein kleines, mittelständisches Unternehmen zu unbekannt war, um genug beachtet zu werden.
Gelohnt hat sich die Investition für ihn trotzdem, denn die Bekanntheit innerhalb seiner Branche steige nun von Woche zu Woche und neue Aufträge kämen rein. Optimistisch ist unterdessen auch Gesundheitsminister Spahn (CDU), "wir liegen im Zeitplan", sagte er der "Bild am Sonntag". Das bedeutet für Bürger*innen wohl Ende Juni.
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