Karl Lauterbach, Professor und Doktor, Politiker und Experte, Epidemiologe und Unglücksbote bezieht Stellung und steht zu seinen Worten. Ein ungewöhnlicher Politiker-Typ.
Karl Lauterbach - "ah, nicht der schon wieder" oder "oh, gut, der kann was erklären" - der SPD-Gesundheitsexperte ist überall und spaltet die Bevölkerung. "Wir wollen Karl" twittert seine Fangemeinde, der Hass ist ihm ebenso sicher. Wer ist dieser Mann, der so polarisiert?
Aufklärer in der Pandemie?
Karl Lauterbach ist omnipräsent in den Medien: Auf Twitter, bei Lanz, Plasberg, Illner, Maischberger - seit Monaten hat er einen festen Platz in Deutschlands erweiterten Wohnzimmern und scheut sich nicht, Schreckensszenarien zu entwerfen. Der Corona-Hardliner als Chart-Stürmer in Talkshows.
Der 58-jährige versteht sich als Aufklärer, deshalb habe er Medizin studiert und sei Politiker geworden.
Er arbeitet mit Angst, sagen seine Gegner.
Warnung vor der ersten Corona-Welle
Er ist umtriebig, er ist hartnäckig - ohne Zweifel - und malt unbeirrt schwarz, obwohl sich die Menschen nach Helligkeit sehnen.
Dafür zahlt er einen Preis: tägliche Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen.
Er macht weiter, weil er glaubt, Recht zu haben aus wissenschaftlicher Sicht. Tatsächlich liegt er mit vielen Prognosen richtig. Noch vor der ersten Welle, als in Bergamo Kliniken kollabieren, warnt er: Bald gebe es ähnliche Zustände in Deutschland, man müsse schnell reagieren.
Natürlich ist es nicht ihm zu verdanken, dass die erste Welle vergleichsweise glimpflich abläuft, aber unbeteiligt daran ist er nicht.
Er sagt auch, 2021 - "das wird ein super Sommer". Abwarten.
SPD-Gesundheitsexperte bleibt unbeirrt
Warten auf seinen Einsatz. In Talkshows unterbricht er selten und beharrt doch. Sein Sendungsbedürfnis ist groß, ja, er verstehe die Sorgen der Menschen, darüber müsse diskutiert werden, aber ... "Erst gestern habe ich eine Studie gelesen", ist so ein Standardsatz.
Er hält mit seinem Wissen nicht hinter dem Berg, das empfinden viele als wohltuend sortierend in wirren Corona-Zeiten, andere ärgern sich über den Experten, der immer etwas Schlaues zu sagen habe.
- Lauterbach fordert Schulstopp bis Ostern
Angesichts der rasanten Ausbreitung von Virusmutationen fordert SPD-Politiker Karl Lauterbach einen Schulstopp bis Ostern. Die dritte Corona-Welle sei bereits da.
Lauterbach bleibt unbeirrt: Inzidenz unter 25 bundesweit - Virus nahezu ausrotten - seine gepredigte Alternativlosigkeit ist mitunter gnadenlos.
Krise als Chance?
Er selbst hat sich einmal als Alternative verstanden, als er 2019 in das Rennen um den SPD-Parteivorsitz geht. Lauterbach tourt durch Deutschland, er ist kein mitreißender Redner, seine Stimme kippt, er ist nahezu frei von Witz.
Seine Forderung - raus aus der GroKo - sie geht unter, seine Partei will doch die sichere Macht. Eine seiner bittersten Niederlagen. Er, der Professor, sieht sich gescheitert, Lauterbach ist lange wütend und vor allem verletzt. Er ist nur noch einfacher Abgeordneter, er wird sich gefragt haben, wie es weitergehen kann: dann kommt die Pandemie.
Lauterbachs Pandemiebekämpfung überschreitet Grenzen
Lauterbach ist ein Asket: Er verzichtet auf Salz, greift meist zum gemischten Salat. Ein Asket, diszipliniert, nur seine Haare immer etwas wirr, ein Indiz dafür: Nicht alles ist unter Kontrolle.
Die Fliege statt Krawattenknoten - sein Markenzeichen, er hat diese Deko zuletzt ausschleichen lassen. Er braucht sie offenbar nicht mehr, um wiedererkannt zu werden.
Doch der "Ruhm" macht auch süchtig und er überzieht. Mit Aussagen wie diesen: "Die Unverletzlichkeit der Wohnung darf kein Argument mehr für ausbleibende Kontrollen sein." Und: "Glühweinstände unterlaufen unsere Kontaktbeschränkungen". Spätestens jetzt weiß fast jeder, wer Karl Lauterbach ist.
Karl Lauterbach: Ungewöhnlicher Politiker-Typ
Er passt nicht so recht ins Bild des Berliner Politikbetriebs, dieser schlaksige Mann, in dem eine Haltung steckt. Er wird nicht müde zu warnen, er fordert die Rückkehr zur "Normalität" abgesichert durch Tests. Er spart nicht mit Kritik an Jens Spahn, zu dem er lange ein kollegiales Verhältnis pflegt.
Lauterbachs Fangemeinde hat sich diese Woche auf Twitter "organisiert": Hashtag "Wir wollen Karl". Es ist wohl weniger eine ernste Forderung, Spahn durch Lauterbach auszuwechseln, eher ein Lob für seinen Sachverstand und sein "Anderssein".
Lauterbach twittert an diesem Abend noch: " Hier (...) eine kurze Zusammenfassung, weswegen der Astrazeneca.Impfstoff ein Vielfaches mehr nutzt als schadet." Er wird in dieser Nacht noch ein paar Studien lesen, wann er schläft? Man weiß es nicht.