Der Corona-Expertenrat spricht sich erstmals für Lockerungen aus - unter bestimmten Bedingungen. Vor der Bund-Länder-Runde werden die Rufe nach Öffnungen lauter.
Der Expertenrat der Bundesregierung hält unter bestimmten Bedingungen Lockerungen von Corona-Maßnahmen in den kommenden Wochen für möglich.
"Die Zahl der Sars-CoV-2 Infektionen ist bisher kontinuierlich angestiegen, eine Plateaubildung und ein nachfolgender Abfall für die Omikron (BA.1) Welle ist aber in den kommenden Wochen zu erwarten", hieß es am Sonntagabend in der sechsten Stellungnahme des Rates. "Für diesen Zeitpunkt ist es wichtig, vorausschauend Öffnungsstrategien zu planen und diese Schritte verständlich zu kommunizieren."
Rat warnt vor vorzeitigen Lockerungen
Der Rat betonte, ein zu frühes Öffnen berge die Gefahr eines erneuten Anstiegs der Krankheitslast.
Aus Sicht des Rates sollte die Bevölkerung unter anderem weiter zu umsichtigem und eigenverantwortlichem Handeln aufgefordert werden. Weiter forderte das Gremium:
Vor dem Bund-Länder-Gipfel macht ein Drei-Stufen-Plan für Lockerungen der Corona-Maßnahmen die Runde. Bis Mitte März könnten alle tiefgreifenden Maßnahmen aufgehoben werden.
Rat sieht Deutschland in "neuer Phase der Pandemie"
Zu bedenken bleibe zudem, "dass im Rahmen etwaiger Öffnungsschritte ungeimpfte und ältere Menschen mit einem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf verstärkt in das Infektionsgeschehen einbezogen werden. Weiterhin tragen diese Gruppen das höchste Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und müssen geschützt werden."
Der Rat warnte ferner vor zahlreichen "Unsicherheiten aufgrund einer nach wie vor weitaus zu großen Immunitätslücke in der Bevölkerung". Er sieht Deutschland in einer "neuen Phase der Pandemie", die weiterhin "ein hohes Maß an Aufmerksamkeit" erfordere.
Neue Welle im Herbst?
Spätestens im Herbst bestehe das Risiko erneuter Infektionswellen. Dem Rat zufolge ist die dauerhafte Rücknahme aller staatlich verordneten Infektionsschutzmaßnahmen und das Erreichen eines postpandemischen Zustands eng mit dem Erreichen einer hohen Impfquote sowie dem eigenverantwortlichen Handeln der Bürgerinnen und Bürger verbunden.
"Trotz einiger Unsicherheiten kann nach Ansicht des ExpertInnenrats unter den oben genannten Rahmenbedingungen eine besonnene Rücknahme einzelner Infektionsschutzmaßnahmen in den kommenden Wochen möglich sein."
- Sind wir schon am Scheitelpunkt?
Die Corona-Zahlen scheinen sich einem Umkehrpunkt zu nähern. Ist das die Trendwende? Die Daten sind zu unsicher, warnen Experten - und raten von voreiligen Öffnungsschritten ab.
Rufe nach Lockerungen
Vor der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch wird parteiübergreifend ein Zurückfahren der Corona-Maßnahmen gefordert. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner sagte dem Handelsblatt, das Gesundheitswesen bewältige derzeit die Omikron-Welle, eine "strukturelle Überlastung" drohe nicht. Deshalb seien viele Einschränkungen "nicht mehr verhältnismäßig". Die 2G-Regeln sollten "sofort aufgehoben" und durch das Tragen von FFP2-Masken ersetzt werden, forderte Lindner. Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene sollten entfallen.
FDP-Vorsitzender Christian Lindner ruft Bund und Länder dazu auf, umfassende Corona-Lockerungen zu beschließen. Es müsse einen "Unterschied in unserem Alltag" geben, so Lindner.
Auch Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) sprach sich für Lockerungen aus. So sollte die 2G-Pflicht im Einzelhandel seiner Meinung nach durch eine FFP2-Maskenpflicht ersetzt werden. "Das kann auf Dauer auch das Konzept für andere Situationen sein", sagte der MPK-Vorsitzende der "Welt".
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther forderte in der "Welt": "Wir müssen uns jetzt wieder mehr auf die Basisschutzmaßnahmen konzentrieren und auf die Eigenverantwortung der Menschen verlassen." Auch Bundeskanzler Olaf Scholz peilt Öffnungsschritte im Frühjahr an.
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