Richtig aufgefallen ist es erst jetzt: Als genesen gilt künftig nur derjenige, dessen Corona-Infektion nicht länger als drei Monate her ist. Aber nicht überall.
Der Passus in der Corona-Verordnung zur Quarantäne und Einreise, die Bundestag und Bundesrat in der vorigen Woche verabschiedet haben, kommt recht harmlos daher. Wer sich mit Covid-19 infiziert hat, gilt so lange als genesen, wie es das Robert-Koch-Institut festlegt. Und zwar "unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft".
Seit Samstag hat das RKI nun angeordnet, dass der Status genesen nur noch drei Monate gilt. Vorher waren es sechs Monate. Der PCR-Test muss künftig "mindestens 28 Tage", darf aber "höchstens 90 Tage zurückliegen", heißt es auf der Webseite des RKI. Wie lange die Halbierung gilt, weiß man heute nicht. Das RKI schreibt:
Begründung: Omikron "größeres Risiko"
Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums begründete dies heute mit der Omikron-Variante des Coronavirus. Es gebe nun "ein sehr viel größeres Risiko", nach drei Monaten zu erkranken. Bei Delta seien sechs Monate ausreichend gewesen.
So sieht das auch das RKI: Die bisherige wissenschaftliche Evidenz deute darauf hin, "dass Ungeimpfte nach einer durchgemachten Infektion einen im Vergleich zur Delta-Variante herabgesetzten und zeitlich noch stärker begrenzten Schutz vor einer erneuten Infektion mit der Omikronvariante haben".
In der Verordnung wird diese neue Verkürzung nicht direkt genannt. Das Weglassen und der Verweis auf das RKI hatte die Bundesregierung damit begründet, dass so "auch künftigen Veränderungen stets Rechnung getragen werden kann". Damit könne der ausreichende Impfschutz gewährleistet und "eine rasche Anpassung der Vorgaben an aktuelle Entwicklungen im wissenschaftlichen Bereich ermöglicht" werden.
Ohne Gefahr ist das nicht.
Haseloff warnt vor Vertrauensverlust
Denn damit bestimmt künftig das Robert-Koch-Institut, was gilt. Es ist zwar der Aufsicht des Bundesgesundheitsministeriums unterstellt. Bundesrat und Bundestag sind damit aber raus.
Reiner Haseloff, CDU-Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt, mahnte am Freitag im Bundesrat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), dass bei "aller Abdelegation" an nachgeordnete wissenschaftliche Behörden, "das Ganze nicht politisch übersteuert wird".
Lauterbach verteidigte den Verweis auf die Behörde in der Verordnung. Es gehe schließlich um medizinische Begründungen. "Trotzdem sage ich Ihnen zu", so Lauterbach vor der Abstimmung, "Veränderungen finden nur ohne politischen Einfluss statt." Sie gäbe es "ausschließlich auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, ohne Beeinflussung des Ministers zum Beispiel", so Lauterbach.
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Und: "Wir informieren Sie." Es müsse niemand ständig die RKI-Seite prüfen, ob plötzlich neue Regeln gelten.
Aufregung und selbstproduzierte Verwirrung
Liest man heute die Kommentare in den sozialen Medien, könnte Haseloffs Befürchtung schon wahr geworden sein sein. Mit dem Vertrauen ist es bei manchen nicht mehr weit her. Linken-Bundestagsabgeordneter Andrej Hunko fasst es so zusammen:
Allerdings sorgt manches Bundesland auch selbst für Verwirrung. In Berlin haben sich die Gesundheitsämter der Bezirke mit der Senatsverwaltung darauf verständigt, dass die neue Verordnung, und damit die Quarantäneregel und Verkürzung des Genesenenstatus, ab Samstag gilt. Die Verordnung wird aber erst "zum nächstmöglichen Zeitpunkt ergänzend angepasst", also vermutlich diese Woche.
Das bedeutet: In Berlin gilt man, Stand heute, noch sechs Monate lang als genesen. So steht es in der Verordnung, diese ist rechtsgültig, wird aber nicht angewendet. Tatsächlich gilt man nur noch drei Monate lang als genesen. Was aber eigentlich noch gar nicht rechtsgültig ist, weil es nicht in der Verordnung steht.