Mai 2020: Großbritannien steckt im ersten Lockdown. Genau da lud Premier Johnson zu einer Party. Seine Entschuldigung kam heute. Doch die Kritik an ihm ebbt nicht ab.
Die Entschuldigung des britischen Premierministers Boris Johnson für eine Lockdown-Party in seinem Amtssitz halten Medienberichten zufolge nur wenige Abgeordnete seiner Partei für ausreichend. "Wir wissen nun, dass der Premierminister 25 Minuten bei etwas verbracht hat, das eindeutig eine Party war. Das bedeutet, dass er das Parlament getäuscht hat", sagte der Tory-Parlamentarier Roger Gale der BBC.
Johnson sei nun ein "dead man walking", ein Premier auf Abruf. Der Chef der schottischen Konservativen, Douglas Ross, forderte Johnson zum Rücktritt auf. Zuvor hatte sich der Premier im Unterhaus mit Blick auf eine Gartenparty in der Downing Street während des ersten Corona-Lockdowns im Mai 2020 entschuldigt. "Ich möchte mich entschuldigen", sagte Johnson am Mittwoch im Parlament.
Nur wenige Tories unterstützten den Premier öffentlich. Kulturministerin Nadine Dorries rief dazu auf, das Ergebnis einer bereits laufenden internen Untersuchung abzuwarten. Auch Johnson selbst hatte auf diese Ermittlungen verwiesen, als ihn die Opposition im Parlament zum Rücktritt aufforderte.
Einladung wurde an 100 Menschen gemailt
Eine Einladung zu der Gartenparty, bei der es Drinks geben sollte, während wegen des Coronavirus auf Abstand geachtet werde, war von Johnsons Privatsekretär an rund 100 Menschen gemailt worden. Damals durften Menschen in Großbritannien maximal eine weitere Person von außerhalb ihres Haushalts treffen.
Johnson sagte, er habe die Gartenparty als Arbeitsveranstaltung betrachtet, mit der Mitarbeitern für deren Einsatz während der Pandemie gedankt werden sollte. Er könne verstehen, dass Menschen wütend seien, "dass Leute in der Downing Street sich nicht an diese Regeln hielten". Er machte kein Eingeständnis, dass er gegen Regeln verstoßen haben könnte.
Johnson rief dazu auf, auf die Ergebnisse einer Untersuchung zu mehreren mutmaßlichen Partys von Regierungsmitarbeitern zu warten, mit denen gegen Lockdown-Regeln verstoßen worden sein soll.
Das Ganze ist als "Partygate" bekannt geworden. Zu den Vorwürfen ermittelt die Beamtin Sue Gray. Sie soll bis Ende des Monats Bericht erstatten.
[Das Party-Video ist nicht die erste Lockdown-Affäre für Johnson.]
Nicht nur Opposition fordert Johnsons Rücktritt
Der Oppositionsführer Keir Starmer kritisierte, Johnsons Argument, "er habe nicht begriffen, dass er bei einer Party war", sei lächerlich. Damit beleidige er die Briten. Er forderte Johnson auf, zurückzutreten.
Auch Mitglieder aus Johnsons Konservativer Partei wollen, dass er zurücktritt, wenn er dem öffentlichen Ärger wegen der mutmaßlichen Verstöße nicht entgegentreten könne.
Die Partei hat eine Mehrheit von 80 Sitzen im Unterhaus. Die Unterstützung für Johnson unter Konservativen lässt auch wegen Coronavirus-Beschränkungen nach. Einige betrachten die Vorschriften als zu streng.
Der Auftritt von Johnson war sein erster öffentlicher, seit Einzelheiten zu der Party bekannt wurden.