Sie leisten, was sie können, aber nach wie vor kämpfen Hausärzt*innen mit vielen Hürden, wenn es ums Impfen geht. Bürokratie, geringe Entlohnung und viele Diskussionen.
Die Anfragen kommen aus dem gesamten Stadtgebiet. Innerhalb von drei Tagen über 800 Emails und auch das Telefon in der Praxis von Doktor Wolfgang Kreischer in Berlin Zehlendorf steht nicht mehr still. Alle wollen geimpft werden. Doch Corona-Impfstoff und Termine sind nach wie vor endlich.
Besonders schwierig für alle Mitarbeitenden in der Praxis, immer wieder gibt es Diskussionen um den Impfstoff. Viele Patient*innen, für die eine Impfung mit Astrazeneca vorgesehen war, lehnen diesen ab.
Kraftakt für Praxen
Sie versuchen in der Praxis mit einem hohen Koordinationsaufwand, bis zu 150 Impfungen pro Woche durchzuführen, ein Kraftakt für das gesamte Team. Doktor Kreischer ist zudem immer darauf bedacht, so viele Dosen wie möglich aus einem Vial zu bekommen. Oft sei es sogar eine Dosis mehr als vom Hersteller angegeben, berichtet Kreischer.
Wie in allen Praxen werden bei Doktor Kreischer auch Menschen geimpft, die vorher noch keine Patient*innen waren, allerdings landen sie auf der Warteliste zunächst weiter hinten. Natürlich könnten sich diese aber auch nach wie vor in einem Impfzentrum registrieren, wenn sie denn berechtigt sind. "Die Priorisierung ist inzwischen aber reine Makulatur", findet Kreischer.
Priorisierung Ärzt*innen überlassen
Die Priorisierungsfrage hätte von Anfang an den Hausärzt*innen überlassen werden sollen, findet Kreischer, sie sei schon lange nicht mehr angebracht. So wäre es doch wichtiger beispielsweise Briefträger*innen oder Reinigungskräfte zu impfen, als eine 80-Jährige, die seit Jahren zurückgezogen in ihrer eigenen Wohnung lebt, findet Kreischer.
Zudem sei die Impfhonorierung mit 20 Euro kaum kostendeckend in der Praxis zu bewältigen. In einer Dreiviertelstunde könne er höchstens sieben Personen impfen, dafür brauche er einen Arzt und zwei Helfer*innen. "Da kann sich jeder ausrechnen, dass das kaum für die Kosten reicht", sagt Kreischer. Seine Arbeit würde außerdem einfacher, wenn er beim Impfen mit weniger Bürokratie zu kämpfen hätte.
Wie viele Ärzt*innen appelliert Kreischer, sich nicht egoistisch zu verhalten und vorzudrängeln. Dies sei unfair und nehme Kapazitäten in Anspruch, die die Praxen aktuell ausschließlich zum Impfen bräuchten und nicht für Diskussionen.
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