In Kitas, Schulen und Pflege sollen Arbeitgeber Beschäftigte künftig nach ihrem Impfstatus fragen dürfen. Darauf einigten sich Union und SPD. Die Reaktionen fallen gemischt aus.
Zumindest in bestimmten Branchen sollen Arbeitgeber ihre Beschäftigten künftig fragen dürfen, ob sie gegen das Coronavirus geimpft sind. Darauf verständigten sich die Fraktionen von Union und SPD. Konkret soll das dort möglich werden, wo viele Personen zusammenkommen, die ein hohes Risiko haben - etwa in Pflegeeinrichtungen, Schulen, Kindertagesstätten und Gemeinschaftsunterkünften, erläuterte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Hennrich. Dafür soll das Infektionsschutzgesetz geändert werden.
Bisher ist die Abfrage in Krankenhäusern, ambulanter Pflege und Arztpraxen erlaubt. Die Erweiterung soll nur so lange gelten wie auch die epidemische Lage nationaler Tragweite gilt. Ein generelle Auskunftspflicht wird es nicht geben. Verabschiedet werden soll die Gesetzesänderung in der kommenden Woche.
Im Änderungsantrag von CDU/CSU und SPD zur Impfabfrage heißt es unter anderem:
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Spahn kritisiert Gewerkschaften
Spahn machte deutlich, dass ihm die Regelung nicht weit genug geht. Er hätte die Abfrage des Impfstatus gerne auf alle Arbeitsbereiche ausgeweitet. "Zum Beispiel für die Arbeit im Großraumbüro und für die Organisation der Arbeit macht es schon Sinn, wenn der Arbeitgeber weiß, wie jeweils der Impfstatus ist", sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Der Minister machte auch die Gewerkschaften verantwortlich: "Der Koalitionspartner, die SPD, wartet darauf, dass die Gewerkschaften dazu unbedingt auch ja sagen. Ich finde, wir sollten Pandemie-Politik nicht von Einzelinteressen abhängig machen."
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier äußerte sich ähnlich: Er setze darauf, dass die SPD ihre "ablehnende Haltung" ändere, sagte der CDU-Politiker.
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Heil: Pragmatische Lösung
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sprach hingegen von "pragmatischen Lösungen". Das Arbeitsrecht sehe keine grundsätzliche Abfrage des Impfstatus vor und mache dies auch nicht möglich. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sagte: Für die Dauer der Pandemie sei dies vertretbar in Bereichen, wo vulnerable Gruppen betroffen seien. "Klar ist, dass das nicht für immer gelten kann." Ein weiter gefasstes Auskunftsrecht lehnt die SPD ab.
Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger warf der SPD Blockade vor und sprach von einer "Mini-Ausweitung". Es sei unverständlich, dass Arbeitgeber den Impfstatus der Beschäftigten beim betrieblichen Infektionsschutz zwar berücksichtigen, aber nicht erfragen dürften, erklärte Dulger.
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Kritik von Bildungsgewerkschaften
Den Bildungsgewerkschaften dagegen geht das Auskunftsrecht in Schulen und Kitas zu weit: "Aus gutem Grund stehen persönliche Daten in Deutschland unter besonderem Schutz", sagte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern. Die Impfbereitschaft dort sei mit "80 bis 95 Prozent ganz weit oben".
Diese Zahlen rechtfertigten "in keiner Weise den mit der Abfrage des Impfstatus verbundenen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte", sagte auch der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann. Lehrerverbandspräsident Heinz-Peter Meidinger äußerte die Befürchtung, dass "dies nur die Vorstufe zu einer allgemeinen Impfpflicht ist".
Patientenschützer Eugen Brysch begrüßte die Regelungen. Kranke, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen wollten sicher sein, dass der Immunstatus der Pflegekräfte und Ärzte bekannt sei, erklärte er.
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