Steinmeier hat sich impfen lassen, Seehofer will nicht. Bald könnte Bundeskanzlerin Angela Merkel dran sein - eine Impfung hätte Signalwirkung.
Seit Wochen wird Spitzenpolitikern in Deutschland immer wieder dieselbe Frage gestellt - auch Kanzlerin Angela Merkel: Warum hat sie sich anders als andere Regierungschefs noch nicht gegen das Coronavirus impfen lassen? Seit Wochen lautete die Antwort der Bundesregierung mit Hinweis auf die Prioritätengruppen: "Sie lässt sich impfen, wenn sie dran ist".
Merkel will Astrazeneca nehmen
Aber am Dienstagabend sagte die 66-Jährige selbst, dass die Möglichkeit für sie näher gerückt sei - und sie dann gerne auch zum Impfstoff von Astrazeneca greifen würde. Der Grund: Bund und Länder beschlossen, Astrazeneca wegen möglicher Gesundheitsrisiken bei Jüngeren nun vor allem bei Menschen ab 60 Jahre zu verimpfen.
Plötzlich erscheint die Impfung von Spitzenpolitikern zur Stärkung des Vertrauens in der Bevölkerung als reale Option. Am Donnerstag ließ sich prompt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Astrazeneca impfen und warb anschließend für die Impfkampagne.
Seehofer lehnt Astrazeneca-Impfung ab
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will sich derzeit nicht mit Astrazeneca impfen lassen. Der 71-Jährige hatte der "Bild" gesagt: "Die Antwort auf die Aufforderung von Jens Spahn lautet: nein." Ihm gehe es dabei jedoch nicht um eine Bewertung des Impfstoffs an sich. "Ich lasse mich nicht bevormunden", sagte Seehofer.
In anderen Ländern sind Impfungen vor laufender Kamera in den Oberarm von Regierenden längst üblich. Aber deutsche Spitzenpolitiker haben bisher bis auf Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann durchweg abgewiegelt. Der allerdings auch schon 72-jährige Grünen-Politiker ließ sich am 19. März mit Astrazeneca impfen.
Solange aber noch ein Mangel an Impfstoff bestehe, sei eine Kampagne für ein möglichst breites Impfen durch prominente Vorbilder eigentlich überflüssig, heißt es in der Regierung.
Spahn sieht Politiker-Impfung skeptisch
Gesundheitsminister Jens Spahn verwies darauf, dass es die Politik in der aufgeheizten deutschen Impf-Debatte ohnehin nur falsch machen könne: Entweder ließen sich Politiker impfen - dann handelten sie sich angesichts des Mangels an Impfstoff den Vorwurf ein, sich vorzudrängeln. Oder sie impfen sich nicht, dann komme der Vorwurf, sie würden kein Vertrauen schaffen.
"Vielleicht kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo die Politik vorangehen muss", sagte der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Dienstagabend. "Ich glaube, der wird bald kommen."
Rücktritts-Diskussion um "Impfdrängler"
Nur darf man nicht zu früh lospreschen. Denn schnell machte der Begriff "Impfdrängler" die Runde, als sich etwa Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand impfen ließ, ohne die Prioritätenreihenfolge zu beachten. Prompt erntete er Rücktrittsforderungen der Grünen und sprach von einer "Hexenjagd" gegen sich.
Auch in der Regierung wird gewarnt, dass ein früher Impftermin und der Vorwurf einer mangelhaften Bestellung von Impfdosen eine gefährliche politische Mischung gerade für Bundespolitiker darstellten.
Einige Politiker rutschen in Impfreihenfolge hoch
Nun ändert sich aber durch die vereinbarte Optionsklausel für Personen ab 60 die Lage für viele Spitzenpolitiker. Denn neben Merkel sind auch die Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt), Volker Bouffier (Hessen), Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz), Stephan Weil (Niedersachsen) und Armin Laschet (Nordrhein-Westfalen) älter als 60 Jahre.
Sie könnten nun also in die neuen Prioritätengruppe aufrutschen und sich ohne Furcht vor einem Drängler-Image vor Corona schützen lassen.
- Bundespräsident gegen Corona geimpft
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich im Bundeswehr-Krankenhaus in Berlin mit dem Wirkstoff von Astrazeneca impfen lassen.