Die Erwartungen waren hoch. Alle saßen am Tisch: Bundesregierung, Länder, zwei EU-Kommissare, Pharmaunternehmen. Rausgekommen ist - das große Nichts.
Man kennt das ja von Riesenkonferenzen. Wenn sie nicht gut vorbereitet sind, wenn man nicht schon vorher ausgelotet hat, was geht und was nicht, dann wird das nichts. Dann kommen, mag das Problem auch noch so groß sein, mickrige Ergebnisse wie nach dem Impfgipfel heraus. Das hätte Kanzlerin Merkel, die Königin schwieriger EU-Verhandlungen, eigentlich wissen müssen.
Der Lernprozess des Michael Müller
Was uns aus der Impfmisere bringt? Es soll einen Nationalen Impfplan geben. Die Impfhersteller wollen so gut es geht sagen, welche Mengen sie wann liefern, damit sich die Länder darauf vorbereiten können. Es kann natürlich immer was dazwischenkommen, sagt Kanzlerin Merkel. Eine Garantie könne niemand geben. Schade.
Gemeinsam mit Vertretern der Pharmabranche und der EU-Kommission haben Bund und Länder einen Impfgipfel abgehalten. Sehen Sie hier die Pressekonferenz in voller Länge.
Von einem "Lernprozess" zwischen Politik und Firmen schwärmt Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller. "Produktion ist nicht beliebig schnell zu erweitern." Soso.
Als die Kanzlerin nach einem Ergebnis gefragt wird, was die Menschen nun optimistisch machen könne, sagt sie: Nun sei wirklich sicher, dass bis zum Ende des dritten Quartals jedem Bürger ein Impfangebot gemacht werden könne. "Das ist gut. Das ist wichtig", sagt Merkel.
Hat sie das nicht schon zweimal den Menschen versichert?
Nichts geplant, nichts verstanden
Seltsam ist das, wie das große Impfproblem runter geredet wird. Als ob Impfen gar nicht mehr der einzige Weg aus der Corona-Pandemie wäre, von dem vorher immer die Rede war. Wie lächerlich klein plötzlich alles wird: Wenn man das ernst nimmt, was nach dem großen Treffen verkündet wird, dann heißt das im Umkehrschluss: Sie haben vorher offensichtlich nichts gewusst, nichts geplant, nichts verstanden.
Wer wird zuerst geimpft und wer bekommt welchen Impfstoff? Diese Frage treibt gerade nicht nur die Politik um. Grund ist nicht zuletzt die umstrittene Wirksamkeit des Astrazeneca-Präparats.
Sie haben auch keine Idee, wie sich das entstandene Chaos ändern lässt. Patentverkauf, Liefergarantien, Strafzahlungen - irgendwas. Änderung bei der Organisation der Impftermine? Auch nicht. Änderung der Prioritätenliste? Erst einmal nicht.
Nahezu naiv, nahezu frech
Nahezu naiv, wie Müller sagt, dass es doch nicht so schlimm sei, wenn man fünf Mal anrufen muss, um einen Impftermin zu bekommen. Die Menschen würden das verstehen. Ach ja? Wohl dem, der ab März, wenn es vielleicht genügend Impfstoff gibt, dann noch anrufen kann!
Lieferprobleme, komplizierte Terminvergabe, Streit mit den Herstellern. Die Corona-Impfungen wecken Hoffnung auf ein Ende der Pandemie - sind aber eine Herkulesaufgabe.
Nahezu frech, wie Bayerns Ministerpräsident erst der Kanzlerin indirekt die alleinige Verantwortung zuschiebt - "vielen Dank, dass Sie das Thema Impfen zur Chefsache gemacht haben".
Um dann merkwürdig kumpelig um Verständnis bittet: Man dürfe das Thema Impfen "nicht dauernd schlecht reden". Bis Ende März gibt es nun mal jetzt nicht mehr Impfstoff. "Das ist so", sagt Söder. Daraus müsse man jetzt "das Beste machen". Die "ständige Fehleranalyse bringt nichts". Man müsse jetzt in den "Zustand des Verbessernwollens" kommen.
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Impfstoffe ohne Patent produzieren lassen?
Politisch umstritten, rechtlich eindeutig: Der Staat könnte die von Biontech, Moderna und Astrazeneca entwickelten Impfstoffe auch von anderen Herstellern produzieren lassen.
Sehr geehrter Herr Söder ...
In welchen Zustand waren Sie denn vorher, Herr Söder? Des "Mit-Absicht-Schlecht-Machenwollens"? Wenn zwischen Homeschooling, Beantragung der Dezemberhilfe, dem Antrag auf Kurzarbeitergeld und Organisieren des Impftermins für die Eltern mal fünf Minuten Zeit ist, schmunzeln wir vielleicht eine Runde mit!
Ja, die Erwartungen waren hoch an diesen Gipfel, Fachgespräch oder wie immer man das Treffen auch nennen mag. Und das waren sie zurecht. So zu tun, als ob im Grunde alles prima läuft und auch niemand die Verantwortung für das Durcheinander trägt, macht fassungslos.
Das Mindeste nach diesem Gipfel wäre so etwas wie Ärmel-Hochkrempeln gewesen. Dass man sagt: Wir haben Fehler gemacht, jetzt kriegen wir das wieder hin. Bund wird hier besser, Länder da, Pharmaunternehmen dort. Konkret. Zusammen schaffen wir es.
In etwa zehn Tagen ist der nächste Gipfel. Zehn Tage Zeit für einen Plan, eine Idee, irgendwas.
Ein Überblick über Hersteller für neue Impfstoffe gegen Corona