Für Ministerpräsident Günther agiert die Regierung in Sachen Impfpflicht "hasenfüßig". Tübingens Oberbürgermeister Palmer fordert: Impfpflicht einführen, alles andere abschaffen.
Kommt die Impfpflicht - oder kommt sie nicht? Der sonst eher diplomatische und gemäßigte Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, entdeckt dieser Tage eine bissige Seite, wenn es um die Beurteilung der Bundespolitik in dieser Frage geht.
Das machte er auch am Dienstagabend bei "Markus Lanz" deutlich. Als Lanz auf die Impfpflicht zu sprechen kam, über die nun im Bundestag debattiert werden soll, sagte Günther, er würde sich wünschen, "dass wir da wirklich schneller vorankommen".
Günther: Regierung bei Impfpflicht "hasenfüßig"
Und weiter: "Ich kann auch nicht verstehen, warum da die Bundespolitik ein bisschen hasenfüßig im Moment vorgeht."
Gerade, wenn er sich angucke, mit welcher Selbstverständlichkeit man auch noch in die Grundrechte geboosterter Menschen eingreife und wie schwer sich der Bund tue mit der Rechtfertigung dafür. Günther kritisierte Olaf Scholz dann noch persönlich:
Er selbst sei klar für die Impfpflicht, so Schleswig-Holsteins Ministerpräsident. Denn sie sei "der einzige Weg", Grundrechtseinschränkungen dauerhaft in anderen Bereichen zu ersetzen.
Lieber Impfpflicht als Einschränkung der Grundrechte?
Er habe das Gefühl, man wage es nicht, sich mit bestimmten Leuten anzulegen und nehme lieber in Kauf, dass man Grundrechte von Menschen einschränke, die sich nicht dagegen wehrten.
"Von daher, finde ich, muss man da auch mutig sein, den Weg gehen und ich wünsche mir, dass es so schnell wie möglich kommt," so Günther.
Palmer: Impfpflicht - und sonst nichts
Nochmal deutlicher wurde Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der ebenfalls Teil der Diskussionsrunde war. Er warb für eine drastische Vereinfachung in Sachen Corona-Bekämpfung. Impfpflicht - und sonst nichts. Palmer schlug vor:
Seinen Vorstoß begründete Tübingens OB mit der aktuellen Corona-Lage in Deutschland. Es gebe eine PCR-Test-Rationierung, Kontaktverfolgung werde kaum noch durchgeführt und immer mehr Verwaltungsgerichtshöfe würden die 2G-Regel im Einzelhandel kippen.
Tübingens OB: Keine durchbürokratisierte Einzelfallregelung
"Nach meiner Wahrnehmung sind das Anzeichen für das Ende der bisherigen Pandemiestrategie", so Palmer. "Die funktioniert nicht mehr, mit diesen immensen Fallzahlen sowieso nicht."
Es brauche dementsprechend etwas anderes als eine "immer weiter durchbürokratisierte Einzelfallregelung, die absurde Auswüchse erzeugt."
Palmer: Umsetzung der Impfpflicht kein Problem
Es brauche jetzt eine andere Lösung und diese sei für Palmer besagte Impfpflicht. Und dabei könne es nur um die Grundimmunisierung gehen: "Zwei, maximal drei Impfungen, weil dann ist der Schutz vor Hospitalisierung da."
Die Umsetzung der Impfpflicht hielt Palmer bei Lanz für das geringste Problem:
Organisation über das Einwohnermelderegister
Palmer weiter: "Ich verspreche Ihnen: Die deutschen Kommunen können das." Es brauche dafür auch nicht etwa polizeiliche Zufallskontrollen wie in Österreich. Es gebe einen ganz einfachen Weg: Kontaktaufnahme über das Einwohnermelderegister.
Anhand des Registers könnten so beispielsweise in Tübingen alle Menschen angeschrieben werden mit der Info, dass es jetzt eine Impfpflicht gebe. Und wer innerhalb von vier Wochen keinen Nachweis liefere, für den würde ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Bundestag debattiert über Impfpflicht
"Da brauche ich noch nicht mal Personal einstellen", stellte Palmer klar. "Das sind Ausflüchte. Deutschland kann auch eine Impfpflicht umsetzen, wenn man es möchte."
Am Mittwochnachmittag debattiert nun der Bundestag zum ersten Mal über die Einführung einer Impfpflicht.
Die ganze Sendung sehen Sie hier:
Die Corona-Beratungen von Bund und Ländern, die Entwicklung des Infektionsgeschehens, die neuen Regeln für den Genesenenstatus, die Pandemiestrategie Österreichs und die Impflicht