Österreich führt eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus ein. Für Gesundheitsminister Mückstein ist sie das letzte Mittel, um zur Normalität zurückzukehren.
Es ist bislang die weitreichendste Regelung in der EU. Österreich führt im Februar die allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren ein. Österreichs Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) über die Impfpflicht und wie sie durchgesetzt werden soll.
ZDF: Welche Rolle spielt die Impfpflicht bei der Pandemie-Bekämpfung?
Wolfgang Mückstein: Wir wissen, dass wir eine hohe Gesamtimmunität in der Bevölkerung brauchen. Diese kann dadurch erreicht werden, dass sich Menschen infizieren - und wenn sich zu rasch zu viele Menschen infizieren, dann kann das zu einer Überlastung des medizinischen Systems führen - oder wir impfen, was der wesentlich sanftere, sicherere Weg ist und es ist eine mittelfristige Perspektive, die wir in der Pandemie-Bekämpfung brauchen.
Aber wir müssen uns darauf vorbereiten, dass wir nach der Omikron-Welle über die nächsten Monate Immunität verlieren werden in Österreich, wenn nicht geimpft wird.
ZDF: Die Impfpflicht wird in drei zeitlichen Stufen durchgeführt - mit einer "Ausstiegsklausel" - warum?
Mückstein: Die erste Phase startet Anfang Februar und geht bis 15. März. Das ist die Phase, wo nicht gestraft wird, wo wir informieren und aufklären wollen. Ab dem 15. März wird die Exekutive kontrollieren - etwa mit Routine- oder bei Straßenverkehrskontrollen.
Vor einer dritten Phase werden Expertinnen und Experten beurteilen, wie ist die gesamt-epidemiologische Lage, die Durchimpfung und die Perspektive für den Herbst und dann wird entsprechend den Ergebnissen die dritte Phase eingeleitet.
ZDF: Wenn Sie ein bestimmtes Ziel, zum Beispiel eine bestimmte Durchimpfungsrate erreicht haben, was passiert dann?
Mückstein: Wir wissen, dass bei dem jetzigen Coronavirus eine endemische Phase eintreten wird, wo es dann tatsächlich eine individuelle Entscheidung ist, ob ich mich impfen lasse oder nicht. Aber wir wissen nicht, ob das bereits im Herbst der Fall ist.
ZDF: Wie soll die Impfpflicht durchgesetzt werden?
Mückstein: Wir haben in Österreich eine gute Lage von Daten, weil wir einen elektronischen Impfpass haben. Jede Impfung, nicht nur die Corona-Schutzimpfung, auch die Grippeschutzimpfung, muss verbindlich in ein elektronisches Register eingetragen werden.
Gleichzeitig haben wir das epidemiologische Meldesystem, wo wir gemeldet bekommen, wie die Tests sind und ein drittes System, wo die Testzertifikate ausgestellt werden.
Die Impfpflicht in Deutschland zur Verhinderung einer neuen Welle sei bis Mai nötig, so Gesundheitsminister Lauterbach.
ZDF: Sie sagen, Sie haben eine gute Datenlage, das sind ja große Datenmengen. Birgt das nicht auch ein Problem von Datenlecks?
Mückstein: Ich glaube, da müssen wir sehr vorsichtig sein und der Datenschutz hat hier oberste Priorität.
ZDF: Glauben Sie, die Österreicher sind sich bewusst, was mit ihren Daten passiert und nehmen Impfdaten und Impfregister in Kauf?
Mückstein: Es ist natürlich eine Abwägung. Wir haben zum einen sehr hohe Datenschutzstandards, zum anderen müssen wir darstellen, dass wir nach zwei Jahren Pandemie eine mittelfristige Lösungsperspektive brauchen.
Da geht es nicht um die Frage, haben wir nach dieser Omikron-Welle eine hohe Gesamtimmunität, was sehr wahrscheinlich ist, sondern haben wir diese Immunität auch im Herbst, wenn eventuell eine neue Variante kommt.
ZDF: Was glauben Sie verändert eine Impfpflicht in der Gesellschaft?
Mückstein: Ich glaube, wenn im Vordergrund die Aufklärung und Information steht, wenn dann in einem zweiten Schritt die Polizei kontrolliert, dann weist das darauf hin, dass wir Menschen nicht strafen wollen, sondern wir eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe haben. Die Impfpflicht ist eine Ultima Ratio, das letzte Mittel, das wir einsetzen, um wieder unseren Weg zurück in die Normalität zu finden.
Das Interview führte Ariane Dörendahl aus dem ZDF-Studio Wien.
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