Pflege-Impfpflicht nachbessern oder Gesetz versuchen zu kippen? Die Union ist uneins, was sie mit Söders Vorstoß tun soll. Ex-Innenminister Friedrich (CSU) ist für umgehend kippen.
Rauszögern, Nachbesserungen fordern, Gesetz ganz kippen: Die Kehrtwende der Union bei der Impfpflicht für Pflegeberufe bringt CDU und CSU ins Grübeln, wie man mit dem Vorstoß aus Bayern umgehen soll.
Der CSU-Politiker und frühere Innenminister Hans-Peter Friedrich fordert:
Söder spricht wieder vom 15. März
Friedrich war bereits Mitte Dezember, als Bundestag und Bundesrat die einrichtungsbezogene Impfpflicht auch mit den Stimmen der Union verabschiedet hatten, gegen das Gesetz.
Der Grund: "Weil es kontraproduktiv ist, ausgerechnet die Berufsgruppen zu zwingen, bei denen der größte personelle Engpass besteht. Diese Überlegung hat sich im Nachhinein als richtig erwiesen", so Friedrich zu ZDFheute.
- Krankenkassen lehnen Impfpflicht-Kontrolle ab
Unter Ampel-Parlamentariern gibt es Pläne, nach denen die Krankenkassen den Impfstatus ihrer Mitglieder abfragen sollen. Die Kassen entgegnen, das sei nicht ihre Aufgabe.
So weit will Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der die Debatte Anfang der Woche angestoßen hatte, aber offensichtlich mittlerweile nicht gehen. "Wir sind für die Impfpflicht - sowohl für die einrichtungsbezogene als auch die allgemeine. Daran hat sich nicht das Geringste geändert", sagte er jetzt der "Rheinischen Post".
Der Bund müsse aber offene Fragen beim Vollzug klären. Für Nachbesserungen bis 15. März, wenn die Impfpflicht in der Pflege in Kraft treten soll, sei "noch Zeit", so Söder.
Am Montag wollte er mit der Teil-Impfpflicht noch "großzügist" vorgehen, "was de facto auf ein Aussetzen des Vollzugs hinausläuft", so Söder.
Bislang kein Vorstoß aus der Fraktion
Aus der Bundestagsfraktion scheint es derzeit keinen Vorstoß zu geben, das Gesetz zu kippen. Nina Warken, Parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion, sagt, "grundsätzlich" gelte für die von Bundestag und Bundesrat beschlossene Teil-Impfplicht:
Allerdings sei die Ampel-Koalition "in der Pflicht, offene Fragen sehr zügig zu klären und den Ländern damit das nötige Rüstzeug für eine vernünftige Umsetzung zur Verfügung zu stellen", so Warken.
Innerhalb der Fraktion wächst jedoch das Unbehagen gegenüber der Impfpflicht allgemein. Vor allem die Abgeordneten, die schon im Dezember gegen die Impfpflicht für Pflegeberufe gestimmt hatten, fühlen sich bestätigt. Neben Friedrich war das zum Beispiel auch Bundestagsabgeordnete Jana Schimke:
Auch Andreas Mattfeldt war dagegen. Er hält eine Impfpflicht schlicht für "nicht umsetzbar" und "juristisch schwerlich durchsetzbar". Es sei seiner CDU dankbar, dass sie jetzt einen "anderen, pragmatischeren Weg" gehen wolle.
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Überall wachsen Zweifel
Das will mittlerweile auch Erwin Rüddel. Der CDU-Politiker war in der vergangenen Legislaturperiode Vorsitzender des Gesundheitsausschusses und hatte im Dezember für die Teil-Impfpflicht gestimmt. Jetzt findet er den Kurs von Söder, den auch CDU-Parteichef Friedrich Merz stützt, richtig. Die Teil-Impfpflicht sei während der deutlich gefährlicheren Delta-Variante beschlossen worden. "Omikron hat die Spielregeln verändert", so Rüddel.
Rüddel wäre für die Verabschiedung eines "Vorratsgesetzes" mit Teil-Impfpflicht, das in Kraft tritt, wenn die Pandemiesituation wieder schlimmer wird. Derzeit gebe es aber dafür "keine Notwendigkeit".
Ob die allgemeine Impfpflicht aber überhaupt noch kommt? Die derzeitige Debatte ist laut Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ein schlechtes Vorzeichen. "Wenn es nicht gelingt, die einrichtungsbezogene Impfpflicht vernünftig auf den Weg zu bringen, dann sehe ich für eine allgemeine Impfpflicht kaum mehr Chancen", sagte Haseloff der Deutschen Presse-Agentur.
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