Deutschland hat mit den Massenimpfungen gegen Corona begonnen. Der Impfstart sei berührend, sagt Virologin Melanie Brinkmann. Sie rechnet aber nicht mit einem raschen Effekt.
Offizieller Impfstart in Deutschland: Die Impfkampagne gegen das Coronavirus ist die größte, die es hierzulande jemals gegeben hat. Mobile Teams impften am Sonntag zuerst vor allem Menschen über 80 in Pflege- und Seniorenheimen sowie Pflegekräfte und besonders gefährdetes Krankenhauspersonal. Bereits am ersten Tag sollten mehrere zehntausend Dosen des Biontech/Pfizer-Präparats verabreicht werden, bis zum Jahreswechsel könnten es schon mehr als eine Million sein.
Brinkmann: "Effekt auf Sterberate zum Ende nächsten Jahres"
"Ich muss sagen, es ist wirklich ein sehr berührender Moment, diese Damen, die geimpft wurden, zu sehen", sagte die Virologin Melanie Brinkmann bei ZDFheute live. Anfang des Jahres sei ein unbekannter Erreger aufgetaucht und ein paar Monate später gebe es einen Impfstoff und der werde verimpft.
Es sei aber nicht zu erwarten, dass "wir im Frühjahr einen wesentlichen Effekt auf die Pandemie sehen werden". Es werde deutlich länger dauern.
"Wir sollten unseren Blick auf weitere Impfstoffe werfen", rät die Virologin vom Helmholtz-Zentrum. "Denn je mehr wir impfen, desto schneller erreichen wir das Ziel einer Durchimpfung."
Impfstoff übertrifft Brinkmanns Erwartungen
Der Impfstoff habe ihre Erwartungen übertroffen. "Die klinischen Studien haben mit zwei Impfdosen gearbeitet", so Brinkmann. Der Effekt habe hoch gelegen. Auch die erste Impfung scheine auch schon einen Effekt zu haben, dazu müsse man aber zunächst Studien durchführen.
Von gravierenden Nebenwirkungen habe sie bisher nichts gehört. Es gebe wenige Menschen, die allergische Reaktionen gezeigt hätten. Keiner der wenigen Menschen, die eine Reaktion gezeigt hätten, hätte dadurch einen Schaden davon getragen.
Auch Reaktionen wie Erkältungssymptome seien völlig normal und ein Zeichen dafür, dass der Körper erkannt hat, dass dem Körper ein Fremdstoff zugeführt wurde. Nun reagiere er mit einer Immunantwort.
Auf die Frage, ob sie sich selbst impfen lassen würde, antwortete sie spontan:
Auch ihren Eltern würde sie zur Impfung raten, wenn sie an der Reihe seien.
Wie lange dauert der Schutz?
Auf die Frage, wie schnell der Schutz eintrete und wie lange die Immunität anhalte, antwortet Brinkmann: "Das wissen wir nicht genau, das ist eine der großen Fragen, die weitere Studien zeigen müssen."
Die Studie von Biontech sei nicht darauf ausgerichtet gewesen, zu testen, ob der Erreger sich nach der Behandlung mit dem Impfstoff weiter im Körper ausbreiten kann. Man könne daher noch nicht sagen, ob ein Geimpfter weitere Menschen anstecken könne. Dazu seien andere Studien notwendig.
"Es dauert einen Zeitraum, bis die Wirksamkeit eines Impfstoffs greift." Das könnten bis zu zwei Wochen sein. Daher würde eine Impfung bei bereits erfolgter Infektion nichts bringen.
Beschränkungen werden uns bis Ende 2021 begleiten
"Es ist schwer zu sagen, wie sich die Zahlen entwickeln, es kommt ganz darauf an wie sich die Menschen verhalten. Ich fürchte, dass wir am 10. Januar noch nicht bei einer Inzidenz von unter 50 pro 100.000 sind." Das Ziel sollte nach Meinung Brinkmanns sogar weit darunter liegen.
"Wir sollten sogar eine Inzidenz von unter 20 erreichen. Dann können wir die Situation deutlich stabil halten und das müssen wir noch viele Monate bis ausreichend viele Menschen geimpft sind", sagte sie.
Die Hygieneregeln müssten das gesamte Jahr 2021 weiterhin fortgeführt werden. Der Mund-Nasen-Schutz, das Abstandhalten, das Lüften. Denn wenn es zu weiteren Mutationen des Virus käme könnte es sein, dass der Impfstoff nicht mehr wirkt.
60 bis 70 Prozent Geimpfte reichen nach Meinung von Prof. Brinkmann nicht aus. Ihrer Meinung nach, müsse man für eine Herdenimmunität bei 80 Prozent Geimpften landen.
Könnte die sogenannte Herdenimmunität eine Strategie im Kampf gegen das Coronavirus sein? Es gibt viele Gründe, die dagegen sprechen.