Corona-Impfstoffe sind zugelassen und auf dem Markt. Aber nun hakt es bei der Impfstoffbestellung und -lieferung. Nicht nur Bayerns Ministerpräsident übt Kritik.
"In der Tat: die Situation ist mehr als unbefriedigend", kritisierte Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern, im ZDF-Morgenmagazin die Impfstoffbestellung und -lieferung. "Das Ergebnis ist bislang ungenügend", so Söder. Viele Menschen seien derzeit in der Warteschleife.
"Die operative Verantwortung lag in Europa", sagte Söder. Er habe den Eindruck, dass zu spät bestellt worden sei, nur auf einige Firmen gesetzt wurde. "Man hat die grundlegende Bedeutung dieser Situation völlig unterschätzt", kritisierte der Bayerische Ministerpräsident und forderte "maximale Transparenz" - auch in Hinsicht aller Verträge.
SPD-Chefin Esken: Impfgipfel dringlich
Den für Montag geplanten Impfgipfel nannte Esken dringlich. "Die Impfstoffbeschaffung und -verteilung muss endlich zur Chefsache gemacht werden", forderte die SPD-Chefin. Bislang laufen die Massenimpfungen in Deutschland wegen fehlender Impfstoffmengen schleppend.
Sollte das Corona-Vakzin von Astrazeneca nur an Erwachsene unter 65 Jahren geimpft werden, fordert die SPD-Vorsitzende Saskia Esken eine neue Impfstrategie. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte Esken: "Wir müssen zum einen umgehend alternative Impfstoffe für über 65-Jährige beschaffen und zum anderen die Impfreihenfolge für den in Kürze eintreffenden Astrazeneca-Impfstoff neu koordinieren".
Würden angesichts einer Altersempfehlungen für den Astrazeneca-Impfstoff Ressourcen frei werden, sollte Klinik- und Pflegepersonal als erstes davon profitieren, sagte Esken. Auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte den Funke-Zeitungen, Ärzte und Pflegepersonal sollten prioritär mit dem Impfstoff von Astrazeneca geimpft werden.
- Astrazeneca nur bis 64: Neue Impfreihenfolge?
Der Astrazeneca-Impfstoff soll nach Empfehlung der deutschen Impfkommission wohl nur Menschen unter 65 Jahren gespritzt werden. Wer jetzt früher drankommen könnte.
Welt-Ärztepräsident: Harte Reaktion der EU
Welt-Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hat den Impfstoffhersteller Astrazeneca wegen seiner Lieferpolitik scharf kritisiert und ein Exportverbot des Impfstoffes gefordert. Dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND) sagte er:
"Es kann nicht sein, dass das Unternehmen seine Lieferzusagen für Großbritannien genau einhält, für die EU aber nur einen Bruchteil der zugesagten Impfdosen liefert", kritisierte Montgomery und forderte eine "harte" Reaktion der EU. "Wenn der Impfstoff auf kontinentaleuropäischem Boden produziert wird, muss man dem Unternehmen verbieten, ihn außerhalb der EU auszuliefern."
Bislang sind in der EU nur die Präparate von Biontech/Pfizer und Moderna zugelassen. Die EU-Arzneimittelagentur EMA wird voraussichtlich an diesem Freitag eine Empfehlung zur Zulassung des Mittels von Astrazeneca geben. Doch hat der schwedisch-britische Hersteller der EU inzwischen Lieferkürzungen angekündigt.
Arbeitgeberpräsident wünscht sich mehr Aufklärung
Angesichts der schleppenden Versorgung mit Corona-Impfstoffen wächst auch in der Wirtschaft die Kritik an den Herstellern. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", die Hersteller der Impfstoffe hätten viele Versprechungen nicht gehalten.
Der BDA-Präsident forderte zudem, der Staat müsse deutlich besser über die Schutzimpfungen informieren. "Man könnte dafür zum Beispiel fünf Minuten vor den Abendnachrichten im Fernsehen reservieren und darüber informieren, wie wichtig es ist, sich impfen zu lassen."
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