Vier Corona-Impfstoffe sind bisher in der EU zugelassen. Der russische Sputnik V könnte der erste nichtwestliche Impfstoff sein, den die EMA zulässt. Das sollte man wissen.
Damit trifft das Land offenbar Vorsorge für eine mögliche Zulassung in der EU.
Wie wirkt Sputnik V?
Bei dem vom russischen Gamaleja-Zentrum für Epidemiologie und Mikrobiologie entwickelten Vakzin handelt es sich wie bei dem in der EU bereits eingesetzten Mittel von Astrazeneca um einen Vektorimpfstoff. Die Viren lösen beim Menschen normalerweise eine gewöhnliche Erkältung aus, wurden jedoch so verändert, dass sie sich nicht vermehren können.
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Der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, hob in der vergangenen Woche in der "Rheinischen Post" hervor, dass bei Sputnik V anders als beim Astrazeneca-Impfstoff "zwei unterschiedliche Vektorviren für die erste und zweite Dosis" verwendet würden. "Das ist sehr klug, denn dadurch kann er potenziell auftretende Wirksamkeitsverluste durch Immunantworten gegen die Vektoren verhindern", sagte der Stiko-Chef.
Wie wird der Impfstoff bewertet und beworben?
Nach einer Studie, die Anfang Februar in der britischen Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlicht wurde, schützt das Vakzin zu mehr als 90 Prozent vor einer symptomatischen Covid-19-Erkrankung. Damit hätte Sputnik V eine ähnlich hohe Wirksamkeit wie die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna.
Der russische Staatschef Wladimir Putin hält Sputnik V für "den besten Impfstoff der Welt". Das Vakzin ist nach dem sowjetischen Satellitenprogramm benannt. 1957 hatte Moskau den ersten künstlichen Erdtrabanten Sputnik I gestartet und den Westen in einen "Sputnikschock" versetzt.
Welche Vorbehalte und Kritik gibt es gegen Sputnik V?
Russland hatte Sputnik V bereits im August zugelassen, noch vor dem Abschluss aller wissenschaftlichen Studien. Dies stieß international auf scharfe Kritik. Die Impfkampagne in Russland mit Sputnik V lief offiziell aber erst im Dezember an.
EU-Ratspräsident Charles Michel wirft Russland wie auch China vor, ihre Corona-Impfstoffe "für Propagandazwecke" einzusetzen. Auch internationale Experten sehen diese Gefahr. Der New Yorker Think Tank "The Soufan Center" verglich das Vorgehen Russlands und Chinas gar mit einem "neuen Rüstungswettlauf".
- Wie wirksam sind die Corona-Impfstoffe?
Die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna haben eine hohe Wirksamkeit. Wie sieht es mit anderen Vakzinen aus - etwa denen, die in der EU noch nicht zugelassen sind?
Wie stehen die Chancen für Sputnik auf eine EU-weite Zulassung?
Nach russischen Angaben ist Sputnik V weltweit bereits in mehr als 50 Ländern zugelassen. Die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) hat am 4. März mit der Prüfung für eine EU-weite Zulassung von Sputnik V begonnen. Erst wenn die EMA erste Ergebnisse wissenschaftlicher und klinischer Tests ausgewertet hat, kann das eigentliche Zulassungsverfahren beginnen. Dies dürfte einige Wochen bis Monate in Anspruch nehmen.
Sputnik V könnte der erste nicht-westliche Corona-Impfstoff werden, der in der EU eine Zulassung erhält. Als Reaktion auf den Start der EMA-Prüfung stellte Russland die Belieferung der EU mit 50 Millionen Impfdosen ab Juni in Aussicht.
- Osteuropa setzt auf Ost-Impfstoff
Die Corona-Lage in einigen Staaten Osteuropas spitzt sich zu. Weil die EU Impfstoff zu langsam liefert, wenden sich einige jetzt an Moskau und Peking - mit Konsequenzen für die EU.
Das EU-Mitglied Ungarn hat Sputnik V im Februar eine nationale Zulassung erteilt und setzt das Mittel bereits ein. Auch die Slowakei und Tschechien haben Sputnik-V-Dosen bestellt und angekündigt, für deren Einsatz nicht auf die EMA-Zulassung warten zu wollen.
Dies geschieht gegen die ausdrückliche Empfehlung der EU-Kommission, die auf ein Abwarten der Zulassung drängt. Auch Frankreich kritisierte das Vorgehen der einzelnen Länder, weil es die europäische Impfsolidarität unterlaufe. Wegen der schleppenden Impfstoffbeschaffung in der EU zeigten in letzter Zeit auch Länder wie Deutschland Interesse am Einsatz von Sputnik V - allerdings erst nach einer EU-weiten Zulassung.