In Großbritannien wird schon geimpft - und zwar ein in Deutschland entwickelter Impfstoff. Warum dauert es so lange, bis auch in Deutschland geimpft werden kann?
Warum kann Großbritannien schon den Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech verimpfen, Deutschland aber noch nicht? In dem Brexit-Land hat das Vakzin eine Notfallzulassung erhalten, ebenso heute in den USA. Präsident Trump verspricht in einer Videobotschaft Impfungen noch für dieses Wochenende.
Der Grund für den zeitlichen Vorsprung der Briten und US-Amerikaner ist die Art der Zulassung. In Großbritannien und den USA wurde der Biontech/Pfizer-Impfstoff per Notfallzulassung genehmigt - theoretisch wäre das auch in Deutschland möglich. Doch die EU-Staaten haben sich für einen gemeinsamen Weg über die europäische Arzneimittelagentur EMA entschieden - und dort wird gerade der Antrag auf "bedingte Zulassung" des Biontech/Pfizer-Impfstoffs geprüft.
Solche bedingten Zulassungen wurden bei der EMA neben dem Impfstoff-Kandidaten von Biontech/Pfizer auch für das Moderna-Vakzin beantragt.
Das Mainzer Unternehmen Biontech hat für seinen Corona-Impfstoff eine Notzulassung beantragt. Dafür muss eine Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.
Notfallzulassung versus bedingte Zulassung
Bei einer Notfallzulassung wird entweder ein noch nicht zugelassenes Medikament oder ein Medikament für eine noch nicht zugelassene Anwendung vorübergehend freigegeben. Dabei entscheidet der Staat, welche Daten dafür geprüft werden.
Mit der Notfallzulassung kann Großbritannien etwa ausgewählten Gruppen eine bestimmte Menge des Impfstoffs zukommen lassen. Sie lässt jedoch keine generelle Vermarktung zu.
Das EMA-Verfahren kann hingegen die Grundlage für eine EU-weite Vermarktung des Impfstoffes schaffen. Es beinhaltet nicht nur eine umfassende Bewertung hinsichtlich Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffes, sondern schafft auch einen einheitlichen Rahmen für die EU-Länder.
Die Hersteller sind außerdem dazu verpflichtet, auch nach der Zulassung Daten zu liefern, etwa zum langfristigen Schutz vor Infektionen. Laut Europäischer Kommission übernimmt bei einer Notfallzulassung das erteilende Land auch mehr Verantwortung für die Sicherheit des Medikaments. Bei einer bedingten Marktzulassung stehen die Hersteller stärker in der Verantwortung.
Der Weg zur Zulassung
Die Impfstoff-Zulassung über die EMA funktioniert so: Die Pharma-Unternehmen stellen einen Antrag bei der europäischen Arzneimittelbehörde.
Wissenschaftler*innen überprüfen die vorgelegten Daten. Die EMA kann der Europäischen Kommission dann eine Zulassung empfehlen - die Zulassung genehmigen muss aber letztlich die Kommission. Bei der bedingten Zulassung liegen noch nicht alle Daten vor. Sie müssen so schnell wie möglich nachgereicht werden.
Die Kommission betont die weiterhin hohen Sicherheitsanforderungen in ihrer Impfstoffstrategie:
Nach der EU-Zulassung prüfen auch nationale Zulassungsbehörden den Impfstoff. In Deutschland ist dafür das Paul-Ehrlich-Institut in Berlin zuständig.
Entscheidung über EU-Zulassung könnte Ende Dezember fallen
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält das etwas langsamere Verfahren für den besseren Weg. Anfang Dezember sagte er:
Am 29. Dezember will sich die EMA mit den 27 EU-Mitgliedsstaaten treffen. Dann solle die Entscheidung über die Zulassung des ersten Corona-Impfstoffes in der EU fallen, sagte EMA-Direktorin Emer Cooke.
EU-Kommissarin Stella Kyriakides rechnet mit ersten Impfungen in der EU Anfang Januar.