Mit Zahlen, Beschwichtigungen, Einsichten versucht Minister Spahn, die Kritik an seiner Impfstrategie einzufangen. Doch die große Hoffnung auf Besserung gibt es so schnell nicht.
Tagelang Vorwürfe wegen des Impfstarts: zu spät, zu wenig, chaotisch, irgendwie vermasselt. Erst hatte CSU-Ministerpräsident Markus Söder gemeckert, dann die SPD-geführten Länder ihren Fragenkatalog vorgelegt. Jetzt hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn seinen Kritikern widersprochen. "Wir haben mehr als genug bestellt", sagte er. Nicht alle Impfdosen kämen sofort. "Aber im Laufe des Jahres."
Für die erste Impfgruppe wird es knapp
Spahn verstehe die Ungeduld, die Fragen zum Impfstart. Politik müsse sich diesen auch stellen und Fehler beheben. "Wir werden der Verantwortung gerecht werden", versicherte Spahn. Ob sich die Impfstrategie ändert, was sich bessern könnte und wie genau – das bleibt aber auch an diesem Mittwoch offen.
Bei diesen Fakten bleibt es vorerst:
- 86 Millionen Impfdosen soll Biontech/Pfizer insgesamt liefern: 56 Millionen aus der EU-Bestellung, 30 Millionen hat sich Deutschland noch einmal extra bestellt.
- Seitdem der Moderna-Impfstoff zugelassen wurde, sollen 50 Millionen Dosen zusätzlich von dort kommen. Nächste Woche schon, sagt das Bundesgesundheitsministerium, könnten die Ersten geliefert werden. In einer ersten Charge gehen zwei Millionen Impfdosen nach Europa. Wie viel Deutschland bekommt, werde derzeit geprüft, so das Ministerium.
An dem Ziel, bis Ende Januar, spätestens Anfang Februar alle Älteren in den Pflegeheimen zu impfen, hält Minister Spahn aber fest. Knapp neun Millionen Menschen gehören nach Angaben der Ständigen Impfkommission zur ersten Impfgruppe. Wollen sie alle einen Impfschutz, wird es für die erste Impfung aber knapp: Bis 21. Februar liefert Biontech/Pfizer 5,3 Millionen Impfdosen, Moderna einige Hunderttausend vielleicht.
Konkret ist das der Plan:
Krisen-Gipfel nur ein Arbeitstreffen
Den "Impfgipfel", der heute bei Kanzlerin Merkel die Wende bringen und die Koalition befrieden sollte, spielten heute alle herunter. Es war "ein einfaches Arbeitstreffen", sagte Spahn. Völlig üblich, dass sich Fachminister nach einer Kabinettssitzung absprechen, ein "ziemlich normaler Vorgang". Auch Regierungssprecherin Ulrike Demmer sprach von einer "Arbeitsbesprechung". Im Übrigen arbeite "selbstverständlich" die Bundeskanzlerin mit allen Ministerinnen und Ministern "konstruktiv" zusammen:
Nur Bayerns Ministerpräsident versprach sich heute "mehr Zug" in der Impfstrategie, wenn die Kanzlerin nun die Sache in die Hand nimmt. Inhaltlich gab es heute aber nicht viel zu verkünden. Bei den Ländern soll abgefragt werden, wie Pharmaunternehmen ihre Produktion steigern könnten. Denn die Aufsicht liege ja bei den Ländern, so Spahn. "Im Zweifel braucht es auch Geld."
Oder Hilfe wie bei Biontech, wo bei den Genehmigungen für das neue Marburger Werk geholfen wurde. So wurde das Verfahren auf wenige Monate statt den bislang üblichen Jahren gekürzt. "Alle Augenmerke auf Marburg", sagte Kanzleramtsminister Helge Braun nach dem Ministertreffen. Das Werk soll im Februar in Betrieb gehen und so die Produktion von Biontech verdoppeln, zunächst für den europäischen Markt.
SPD will dranbleiben
Also alles wieder gut zwischen Union und SPD in der Bundesregierung? Nicht ganz. Die SPD will trotzdem auf die Beantwortung ihres Fragenkatalogs bestehen. "Ohne", sagte heute Kanzlerkandidat und Vize-Kanzler Olaf Scholz im Morgenmagazin, "werden wir nicht vorankommen". Das sei im Übrigen auch kein Wahlkampf:
Einen Rüffel von der CSU gab es dafür trotzdem. Nicht von Söder, sondern von Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: Die Bundesregierung müsse auch im Wahljahr arbeitsfähig bleiben, mahnte er: "Wir erwarten Disziplin." Söder selbst ist schon offensichtlich weiter: Er schätze Scholz als Finanzminister, sagte er heute bei der CSU-Klausur. Die große Auseinandersetzung um Platz eins bei der nächsten Wahl sei: "Zwischen Union und Grüne."