Seit November 2021 ist die Corona-Impfung bei den Soldaten der Bundeswehr verpflichtend. Zwei Bundeswehrangehörige klagten - erfolglos, wie das Bundesverwaltungsgericht urteilte.
Die verpflichtende Corona-Schutzimpfung von Bundeswehrsoldat*innen, die im November 2021 vom Verteidigungsministerium angewiesen wurde, ist rechtmäßig, urteilt der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts unter dem Vorsitz von Richard Häußler.
Erhaltung der Gesundheit wichtig für Soldaten
Damit sind die Klagen zweier Luftwaffenoffiziere gescheitert. Die hatten die Erweiterung der Pflichtimpfungsliste bei Soldat*innen um die Covid-19-Impfung verhindern wollen, sahen darin einen Verstoß gegen ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit.
Doch dieses Recht wurde wirksam durch die Gesunderhaltungspflicht im Soldatengesetz eingeschränkt, so der 1. Wehrdienstsenat in seiner Urteilsbegründung.
Danach muss ein Soldat ärztliche Maßnahmen gegen seinen Willen nur dann dulden, wenn sie der Verhütung oder Bekämpfung übertragbarer Krankheiten oder der Feststellung seiner Dienst- und Verwendungsfähigkeit dienen, so stehts in § 17a Soldatengesetz. Die Vorschrift erlaube die Anordnung einer Schutzimpfung gegen das Coronavirus. Und: Für diese Impfung nunmehr eine gesetzliche Duldungspflicht.
Ministerium sieht Impfung auch als Fürsorgepflicht
Für Angehörige der Bundeswehr wurde die Covid-19-Impfung in deren Basisimpfschema im vergangenen Jahr aufgenommen. Da stehen schon weitere verpflichtende Impfungen, zum Beispiel gegen Tetanus, Influenza, Hepatitis oder Masern.
Hauptargument des Verteidigungsministeriums für die Erweiterung um die Covid-19-Impfung: Das erhöhte Infektionsrisiko der Soldat*innen durch das Zusammenleben in den Kasernen. Deswegen sei die Impfung auch ein Ausdruck der Fürsorgepflicht.
Und: Die Impfung diene der Verhütung einer übertragbaren Krankheit, auch wenn kein vollständiger Schutz gegeben sei. Ausreichend sei, dass die Impfung die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung und die Gefahr schwerer Verläufe reduziere, argumentiert das Verteidigungsministerium. Im Ergebnis folgt dieser Begründung auch das Bundesverwaltungsgericht.
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Keine einfache Entscheidung
Dabei hat es sich der 1. Wehrdienstsenat unter seinem Vorsitzenden Richter Richard Häußler nicht leicht gemacht und an mehreren Tagen ausführlich und ausgiebig verhandelt. Weil das Gericht in erster und letzter Instanz entscheidet, ist es vielen Beweisanträgen nachgekommen, hat mehrere Sachverständige u.a. aus dem Paul-Ehrlich und dem Robert-Koch-Institut gehört und auch festgestellt, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen ihre Pflicht zur Meldung sämtlicher Daten auch bezüglich Nebenwirkungen nicht komplett erfüllt hätten.
Auch haben in der Verhandlung Experten zu Risiken und Nebenwirkungen von mRNA-Impfstoffen sowie zur Eignung von Corona-Tests gesprochen. Im Ergebnis ändert es aber nichts daran, dass das Soldatengesetz eine Gesundheitserhaltungspflicht regelt, unter die auch eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus unterfällt, so der 1. Wehrdienstsenat.
Was wurde schon entschieden
Eine aktuellere Entscheidung zur Impfpflicht bei Soldat*innen des Bundesverwaltungsgericht stammt aus Dezember 2020. Da ging es aber noch nicht um das Coronavirus, sondern die Pflicht zur Basisimpfung. Der 2. Wehrdienstsenat am BVerwG wies da die Beschwerde eines Hauptfeldwebels ab. Zur Begründung hieß es, Soldat*innen sei "eine weitergehende Impfpflicht auferlegt als anderen Staatsbürgern." Und: Eine Impfpflicht sei "als Teil der soldatischen Gesunderhaltungspflicht" zu dulden.
Wegen der Besonderheiten des Wehrbeschwerderechts gilt die Entscheidung direkt nur für die beiden klagenden Luftwaffenoffiziere. Doch natürlich hat das jetzt ergangene aktuelle Urteil auch eine Indizwirkung für andere Fälle.
Nach einer von dpa veröffentlichten vorläufigen Erhebung des Bundesverteidigungsministeriums liegt der Anteil geimpfter und genesener Soldat*innen, die über eine aktuell vollständige Immunisierung verfügen, bei 94 Prozent. Und die Impfquote der Soldat*innen in den Auslandeinsätzen beträgt danach 100 Prozent.
Christoph Schneider ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz
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