Ab Anfang Juni kann sich in Deutschland jeder ab 16 Jahren für einen Impftermin registrieren. Auch Betriebs- und Privatärzte sollen dann in die Kampagne miteinbezogen werden.
Bei den Corona-Impfungen in Deutschland soll ab dem 7. Juni keine festgelegte Reihenfolge mehr gelten. Bis dahin seien noch 15 Millionen Impfungen von Menschen mit besonders hohem Risiko vorgesehen. Die Priorisierung soll dann entfallen, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag in Berlin nach einem entsprechenden Beschluss der Ressortchefs von Bund und Ländern sagte.
Das gelte für Arztpraxen, Betriebsärzte und Impfzentren gleichermaßen. Es werde aber den Ländern überlassen, ihre Kontingente vorwiegend für bestimmte Stadtteile oder Personengruppen zu benutzen.
Spahn: Priorisierung hat Menschenleben gerettet
"Es war eine moralische Verpflichtung zu priorisieren, das war keine Bürokratie, sondern das hat Menschenleben gerettet", sagte Spahn. "Gleichwohl haben wir jetzt die Möglichkeit, den nächsten Schritt dieser Impfkampagne zu planen und auch vorausschauend zu planen", so der Bundesgesundheitsminister.
Bei der Einbeziehung der Hausärzte in die Impfkapagne wäre es aufgrund der Kurzfristigkeit zu organisatoischen Problemen gekommen. Für die nächste Aufhebung der Prioriserung solle es deshalb nun einen gewissen Vorlauf geben.
Spahn: Nicht möglich, alle schon im Juni zu impfen
Ab dem 7. Juni sollen zudem dann auch die Betriebsärzte und Privatärzte in die Kampagne eingebunden werden. Eine Lieferung der Impfstoffdosen erfolge über den Großhandel der Apotheken.
Die Aufhebung bedeute jedoch nicht, dass alle Impfwilligen innerhalb weniger Tage einen Termin bekommen würden. "Wir werden weiterhin auch Geduld brauchen miteinander." Alle könnten nur so viel Impfstoff verimpfen, wie vorhanden sei. "Auch wenn wir die Priorisierung aufheben, wird es nicht möglich sein, alle innerhalb des Junis schon zu impfen, die geimpft werden wollen", machte Spahn deutlich.
Stiftung Patientenschutz sieht Aufhebung als Fehler
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte den Beschluss. "Nicht ein Datum darf das Ende der ethischen Reihenfolge bei der Impfung bestimmen. Allein der Impffortschritt in den drei Prioritätsgruppen muss der Maßstab für das Ende der Priorisierung sein", sagte Vorstand Eugen Brysch der "Rheinischen Post". Er warf Spahn vor, dieser kapituliere vor den Alleingängen der Ministerpräsidenten:
"Es war ein Fehler, dass nicht der Bundestag die Regeln festgesetzt hat. Kommt im Herbst die notwendige Auffrischungsimpfung für wenigstens 60 Millionen Menschen, sind alle ethischen Leitplanken demoliert. Dann werden nicht mehr die Schwachen und relevanten Berufsgruppen geschützt, sondern es regieren die Starken und Schnellen."
Einige Länder haben Priorisierung bereits aufgehoben
Einige Länder sind mit der Freigabe in Arztpraxen schon vorgeprescht. So dürfen sich in Baden-Württemberg seit Montag die Menschen bereits ohne Eingruppierung impfen lassen. Nur der Impfstoff von Moderna bietet sich laut Landesapothekerkammer wegen des Transports nicht für Praxen an. In den Impfzentren bleibt die Priorisierung aber erhalten, damit dort Menschen mit hohem Risiko auf jeden Fall zuerst geimpft werden.
In Bayern soll die Priorisierung bei den Hausärzten im Laufe der Woche fallen. Brandenburg gab lediglich die Prioritätsgruppe 3 vollständig frei. Hessen will von Juni an die Registrierung für die Impfungen für alle Bürger öffnen. Frühere Impf-Freigaben in einzelnen Ländern sollen dem Bundes-Vorschlag zufolge bestehen bleiben können.
Bei Astrazeneca und Johnson & Johnson schon keine Priorisierung mehr
Mit den Impfstoffen von Astrazeneca und Johnson & Johnson kann man sich schon jetzt ohne Zugehörigkeit zu einer Vorranggruppe impfen lassen. Sie können aber in seltenen Fällen schwere Nebenwirkungen haben und sind daher in der Regel bei Menschen ab 60 vorgesehen. Bei Jüngeren sind vorher ärztliche Aufklärung und eine individuelle Risikoanalyse vorgeschrieben. Die Aufhebung der Priorisierung solle es erlauben, die Impfkampagne voranzutreiben, hatte Spahn gesagt.