Die Politik gibt uns mit den neuen Lockerungen wohl etwas Alltag zurück. Doch wie steht es um Kinder und Jugendliche? Fest steht: Sie leiden besonders unter dem Shutdown.
24 Stunden zu Hause, oft sieben Tage die Woche: keine Schule, kein Sport, keine Freunde. Kinder haben in der Corona-Krise Sorgen, sind einsam. Der Shutdown hat Folgen für die Psyche.
Während die Politik stufenweise Öffnungen plant, gelten für Kinder und Jugendliche bis heute dieselben strengen Regeln wie für Erwachsene. Zwar wird in den Ländern über Schulöffnungen und eine Rückkehr zum Präsenzunterricht gesprochen - aber genügt das? Müsste es für Kinder jetzt nicht schneller andere Regeln geben?
Vereinsamung bei Kindern und Jugendlichen
Wie Kinder und Jugendliche die Zeit der Pandemie wahrnehmen, hängt vom Alter ab und davon, wie die Familie mit der Situation umgeht und welche Kapazitäten sie hat.
"Das sind auch Auswirkungen des eingeschränkten sozialen Lebens", sagt Dr. Severine Thomas von der Uni Hildesheim.
Geschlossene Sportvereine, Kontaktbeschränkungen, ein runtergefahrenes soziales Leben - das mache vor allem Jugendlichen zu schaffen, so Prof. Michael Schulte-Markwort: "Die Jugendlichen gehören zu der Gruppe, die von Einsamkeit bedroht ist, weil in ihr Leben eigentlich gerade gehört, sich auszuprobieren und das bedeutet, mit anderen Kontakt zu haben und der ist beschränkt."
Immer mehr Kinder und Jugendliche benötigen laut Arztreport der Barmer-Krankenkasse psychotherapeutische Hilfe. Vor allem ist der Bedarf an Psychotherapien in der Corona-Pandemie deutlich gestiegen.
Kaum Bewegung und lange Bildschirmzeit
Die Politik beschließt beim Corona-Gipfel jetzt erste zaghafte Lockerungen im Breitensport im Freien, doch wie schnell das die Lebenssituation der Jugendlichen verbessert, ist unklar.
Eine Studie des Universitätsklinikums Münster zeigt, dass der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die sich im ersten Shutdown gar nicht mehr bewegt haben, um ein Fünffaches gestiegen ist.
"Wir wissen, dass Übergewicht und Adipositas zu vielen Folgeerkrankungen führen kann, wie Herzerkrankungen, Gefäßerkrankungen und Blutzuckererkrankungen", so Prof. Jörg Dötsch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin.
Der Lockdown zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in Deutschland wird angesichts weiter hoher Infektionszahlen grundsätzlich bis zum 28. März verlängert. Allerdings soll es je nach Infektionslage Öffnungsmöglichkeiten geben.
Gleichzeitig stieg die Bildschirmzeit in der Krise enorm an. Rund die Hälfte der befragten Kinder und Jugendliche gaben im ersten Shutdown an, mehr als acht Stunden am Tag am Bildschirm zu verbringen - vor der Krise waren das gerade mal 20 Prozent.
Kai Lanz von "Krisenchat.de" über die kostenlose digitale Notbetreuung
Corona-Krise trifft finanzschwache Familien hart
Besonders hart trifft die Krise Kinder und Jugendliche, die vorher schon benachteiligt waren. Eine Studie des Deutschen Jugendinstituts zeigt:
- Fast die Hälfte der Kinder und Jugendlichen aus Familien in finanziell schwieriger Lage fühlten sich einsam
- Zum Vergleich: Bei Kindern aus Familien mit ausreichend Einkommen gilt das für rund ein Fünftel.
Wie schwer der Shutdown für manche Kinder auszuhalten ist, wird in Berlin Hellerdorf/Marzahn deutlich: Hier wohnt Angelo, seine Eltern, Geschwister und er haben sich aus Angst vor Ansteckung in die kleine Wohnung zurückgezogen.
Kinder, die sowieso schon am Rand der Gesellschaft stehen, bringt Corona nun in ganz prekäre Situationen. „Die Arche“ in Berlin hat weiter geöffnet und bietet Jungen und Mädchen in Kleingruppen einen Raum für Hausaufgaben, toben, Kreativität und eine …
Kinder wie Angelo sind kein Einzelfall, weiß Bernd Siggelkow. Er hat vor 25 Jahren das Kinderprojekt "Die Arche" gegründet und ist seit Beginn der Pandemie im Dauereinsatz, kümmert sich um die Kinder, die durchs Raster fallen:
Und weiter sagt Siggelkow: "Das Hilfesystem ist runtergefahren, die meisten Jugendeinrichtungen sind gar nicht da, wir sehen viele Dinge an der Tür oder vermuten sie zumindest. Wir kommen ja auch nicht rein, dürfen wir auch nicht, aber wir merken schon auch an dem Verhalten von Kindern und Eltern, wie angespannt die Situation ist."
-
-
-
- Corona-Vakzin für Kinder? Das ist der Stand
Jens Spahn stellt einen Corona-Impfstoff auch für Kinder in Aussicht. Im Sommer könnte es so weit sein. Einige Hersteller haben mit entsprechenden Tests begonnen.