Die Inzidenz ist nicht mehr das Maß der Dinge: Weil immer mehr Menschen geimpft sind, schaut die Politik zunehmend auf andere Kennzahlen, um über Corona-Maßnahmen zu entscheiden.
Den einen perfekten Wert, von dem sich nötige Corona-Maßnahmen ableiten lassen, hat es in der Pandemie noch nie gegeben. Es wird weiter erforderlich sein, mehrere Faktoren im Blick zu haben. So wird wohl die Situation in den Krankenhäusern bald eine größere Rolle spielen als die reinen Infektionszahlen. Welche Klinik-Kennzahlen gibt es und was sagen sie aus? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was bedeutet die "7-Tage-Inzidenz Hospitalisierung"?
Das ist die Zahl der Menschen, die wegen einer Covid-19-Diagnose in eine Klinik kommen. Diese "7-Tage-Inzidenz Hospitalisierung" bildet die übermittelten Fälle über eine Woche pro 100.000 Einwohner ab.
Fälle, in denen ein Patient wegen einer anderen Erkrankung oder wegen einer OP in die Klinik kommt und bei dem bei einem Test auch Corona nachgewiesen wird, sollen von den Krankenhäusern nicht mit gemeldet werden. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) lag der Wert zuletzt bei über 1,5. Der bisherige Höchstwert lag um die Weihnachtszeit bei rund 15,5.
Gibt es bei der Hospitalisierungs-Inzidenz eine kritische Grenze?
Für die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) gibt es aktuell keinen festen Grenzwert, ab dem die Lage unbeherrschbar würde. "Der Engpass bleiben die Patienten, die mit Covid auf einer Intensivstation liegen", sagt Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG. Aus Erfahrung wisse man, dass auf Intensivstationen grundsätzlich eine Belastungsgrenze bei rund 5.000 Covid-19-Fällen bundesweit liege.
Was bedeuten steigende Hospitalisierungs-Inzidenzen für Normalstationen?
Sie hätten mit mehr Covid-19-Patienten zwar auch deutlich mehr Belastungen - doch mit Blick auf eine Intensivstation, auf der ein Covid-19-Patient eine weit umfangreichere Betreuung brauche als andere Kranke, sei das kein Vergleich, so Gaß.
Wichtig zu wissen sei deshalb, wie viele Covid-19-Patienten von Normal- auf Intensivstationen verlegt werden müssten. In der erste Welle seien das 14 Prozent gewesen. Die Quote liege heute wahrscheinlich niedriger, abschließende valide Daten stehen laut DKG aber noch aus.
- Experten fordern Dreiklang aus Indikatoren
Der Bundestag hat die epidemische Lage um drei Monate verlängert. Die Diskussion darum, welche Richtwerte zur Einordnung der Pandemie-Lage sinnvoll sind, geht weiter.
Was beeinflusst die Zahl der Covid-19-Patienten in Kliniken?
Dabei spielen für die DKG neben den Inzidenzen bei Ansteckungen auch die Impfquoten, die Infektionsdynamik und die Altersgruppen eine große Rolle. So zeigt zum Beispiel die Hospitalisierungsrate in den RKI-Tabellen den Anteil aller gemeldeten Corona-Fälle, die in einer Klinik behandelt werden müssen.
Nach den Berechnungen lag dieser Wert um die Weihnachtszeit bei 12 Prozent und bewegte sich dann in Wellenbewegungen abwärts. Im Moment sind es rund 5 Prozent.
Welche Zahlen gibt es noch in Bezug auf Kliniken?
Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin erfasst die Zahl belegter und freier Intensivbetten (Divi-Register). Erfasst wird dabei auch die Anzahl der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen. Die Höchstzahl in der Pandemie lag bei 5.762, im Moment sind es rund 840 - mit wieder steigender Tendenz.
Kann die bundesweite Hospitalisierungs-Inzidenz ein Richtwert sein?
Eher nicht, geplant ist der regionale Blick. So soll die regionale Klinikbelegung mit Corona-Patienten nach Ideen des Bundesgesundheitsministeriums künftig der wesentliche Maßstab werden, um Gegenmaßnahmen wie Alltagsbeschränkungen auszulösen. Entscheiden müssten darüber dann die Bundesländer.
- Woran erkennt man einen Superspreader?
In einer Studie der Harvard-Universität sorgten 18 Prozent der Untersuchten für 80 Prozent der gesamten Aerosol-Produktion. Woran das liegt, erklärt diese Story.