Am Sonntag sollen die meisten Corona-Beschränkungen fallen - und die Kritik wird immer lauter. Virologin Brinkmann sowie Politiker von SPD und Grünen sind für Entwurf-Änderungen.
Wenige Tage vor dem Auslaufen der meisten Corona-Beschränkungen gibt es weiter Kritik an der Pandemie-Politik der Bundesregierung. Angesichts einer weiter kritischen Corona-Lage warnte die Virologin Melanie Brinkmann vor dem Wegfall von Schutzinstrumenten wie der Maskenpflicht. Es sei nach wie vor "absolut wichtig", Infektionen zu vermeiden, sagte die Professorin vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in einer Anhörung des Bundestags.
Virologin für einheitliche Regeln
Bei weiteren Lockerungen stiegen die Infektionszahlen wieder. Mit Öffnungen würden auch Ungeimpfte verstärkt ins Geschehen gebracht, die bisher abgekapselt gewesen seien. Auch besonders gefährdete Gruppen könnten sich nicht hundertprozentig schützen. Brinkmann sagte, es sei wichtig, Instrumente aufrechtzuerhalten, die wirkten. Dies wisse man von Masken in Bereichen, in denen viele Menschen in Innenräumen zusammenkommen. Einheitliche Regeln würden von der Gesellschaft sehr begrüßt.
Der Bonner Virologe Hendrik Streeck sagte, man sei in einer anderen Phase der Pandemie. Es gebe zwar nie da gewesene Infektionszahlen, die Belastung der Kliniken habe sich aber davon abgekoppelt. Mit besserem Wetter im Sommer könne man mit abnehmenden Infektionszahlen rechnen. Dies sei "ein guter Zeitpunkt, besonnen Maßnahmen zurückzufahren" und sich von solchen zu trennen, deren Wirksamkeit nicht klar bewiesen sei. Er nannte etwa Zugangsregeln wie 2G und 3G.
Patientenschützer und Ärzte für Beibehaltung von Regeln
Auch Patientenschützer sind gegen die Aufhebung der meisten Maßnahmen: "Die Position des Bundesgesundheitsministers ist zutiefst widersprüchlich", sagte der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Über die geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes sagte er:
Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hält die geplanten Lockerungen für das falsche Signal. Er sei beunruhigt, da die Infektionszahlen in der letzten Woche wieder gestiegen seien, sagte er im "Deutschlandfunk".
Viele Corona-Maßnahmen sollen ab 20. März fallen
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz erreichte am heutigen Montag nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) erneut einen Höchstwert. Am Mittwoch sollen erstmals im Bundestag Änderungen am Infektionsschutzgesetz beraten werden; die meisten bundesweiten Corona-Auflagen sollen zum 20. März entfallen.
Bereits zwei Tage später soll im Plenum über den umstrittenen Entwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) entschieden werden.
Lauterbach und Buschmann schlagen einen deutlich verringerten Basisschutz für ganz Deutschland vor. Bundesweit möglich sein sollen demnach nur noch Maskenpflichten in Pflegeheimen, Kliniken und Nahverkehr - und Testpflichten in Heimen und Schulen. Bundesweit bleiben soll auch die Maskenpflicht in Zug und Flugzeug.
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Die Länder sollen aber weitere Corona-Auflagen für jeweils auszurufende Hotspots beschließen können. Angesichts der rasanten Ausbreitung des Virus in den vergangenen Tagen wird an diesem Kurs jedoch von vielen gezweifelt.
Dahmen für Maskenpflicht in Innenräumen
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen will sich nun für eine Änderung des Regierungsentwurfs einsetzen. Dem RND sagte er:
Brysch sprach sich ebenfalls für eine Nachbesserung bei der Maskenpflicht aus, aber auch für einen Rechtsanspruch auf regelmäßige Corona-Tests für Pflegebedürftige außerhalb stationärer Einrichtungen und deren Angehörige.
Esken will Masken in Geschäften
SPD-Chefin Saskia Esken ist ebenfalls für einen ausreichenden Basisschutz - mit Masken in Geschäften. "Das Frühjahr kommt, doch Corona bleibt uns offenbar erhalten", sagte Esken der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
"Dazu gehören Maske und 3G im öffentlichen Fern- und Nahverkehr ebenso wie die Maske im Einzelhandel. Die Länder müssen auf lokale Infektionsgeschehen mit weitergehenden Maßnahmen reagieren können."
FDP wertet Wegfall von Maßnahmen als Erfolg
Die FDP verteidigte hingegen das Vorgehen. Der Wegfall der meisten Corona-Beschränkungen am 20. März sei ein großer Erfolg nach zwei Jahren Pandemie, sagte der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der "Rheinischen Post". Gleichzeitig blieben die Länder handlungsfähig, sollte sich die Corona-Lage wieder drastisch verschärfen. "Diese Kombination aus verantwortungsvollem Handeln und dem Ende der Freiheitseinschränkungen ist genau richtig", betonte er.
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