Es ging um den Krieg in der Ukraine und alle Folgen. Doch beim Treffen mit dem Bund hatten die Länder vor allem Redebedarf zum Thema Corona. Es gab Krach. Das gibt es schriftlich.
"Ganz klar, die Länder wünschen sich mehr", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Pressekonferenz hinterher. Das dürfte eine recht nüchterne Beschreibung sein, was in gut drei Stunden Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Donnerstag passiert ist.
Es hat gekracht. Die große Einigkeit zwischen Bund und Ländern bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie gibt es nicht mehr.
Wüst: Das "exakte Gegenteil"
Die Länder werfen dem Bund vor, dass das neue Infektionsschutzgesetz, das morgen in Bundestag endgültig verabschiedet werden soll, an ihnen vorbei erarbeitet wurde. Das Gesetz sei das "exakte Gegenteil", so Hendrik Wüst für die CDU-geführten Länder, von dem, was man wollte. Nämlich die Beibehaltung eines Basisschutzes und flexibles Reagieren, wenn die Infektionszahlen in einem Hotspot steigen.
Die im Gesetz nun vorgeschlagene Regelung finden die Länder zu kompliziert. Außerdem gebe es keine genauen Kriterien, was ein Hotspot überhaupt ist, eine Stadt, ein Landkreis oder ein ganzes Bundesland? Und wie wird ein Hotspot ein Hotspot?
Entscheidend soll laut Gesetz die Überlastung des Gesundheitswesens und eine höhere Ansteckung sein. Einheitliche Kriterien, wann dies gilt, gibt es nicht. Wüst sagt, das Gesetz sei:
Vorwurf: Verfahren und Stil "unsäglich"
Schon während der Konferenz hielten die Länder mit ihrer Kritik nicht hinterm Berg. Zwei Jahre habe man gut zusammengearbeitet, soll laut Teilnehmerkreisen Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gesagt haben. Jetzt habe der Bund diese Zusammenarbeit "einseitig" gebrochen. Das ganze Verfahren sei "unsäglich", so Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU).
- Das haben Bund und Länder beschlossen
Bund und Länder haben über Corona, Energiepreise und den Ukraine-Krieg beraten. Ein Schwerpunkt war die Aufnahme der Kriegsflüchtlinge in Deutschland.
Weder Stil noch Inhalt seien gut, so Bayerns Landeschef Markus Söder (CDU). Nach der Sitzung sagte er es so:
Der Ärger der Länder spiegelt sich auch im Beschluss der Konferenz wider. Ungewöhnlich: Alle Bundesländer haben eine Protokollnotiz abgegeben, jeweils die SPD-geführten, alle Unions-geführten plus Baden-Württemberg und separat Thüringen. Ein deutliches Zeichen vor allem von den SPD-Ländern, die damit die Politik ihres Bundeskanzlers kritisieren.
Keine kostenlosen Tests mehr ab April
Die SPD-Länder betonen, dass bislang einheitliche Regeln "zu Rechtssicherheit und Vertrauen in die Pandemiebekämpfungsstrategie in erheblichem Maße beigetragen" hätten. Wie der Expertenrat der Bundesregierung wolle man die Beibehaltung der Maskenpflicht in Innenräumen. Die Hotspot-Regel sei zu langwierig und "insbesondere in Flächenländern so schwierig umsetzbar".
Außerdem wollen sie, dass auch die Testverordnung ab April weiter besteht. Stand jetzt ist: Die kostenlose Bürgertests fallen weg.
Die Unions-Länder und das von den Linken geführte Thüringen haben die gleichen Kritikpunkte. Vor allem ärgert sie: Das Gesetz sei ohne sie konzipiert worden, bleibe hinter ihren Anforderungen zurück, "obwohl die Länder zum allergrößten Teil für den Vollzug zuständig sind und sein werden".
Scholz: Bundestag kann wieder eingreifen
Und Scholz? Sieht die Kritik gelassen. Der Bund habe die "Zuversicht, dass sich in der Praxis erweisen wird, dass die Dinge gut gehandelt werden können, die gehandelt werden müssen." Wenn sich herausstelle, dass das Infektionsschutzgesetz nicht ausreiche, könne der Bundestag schnell reagieren. Und wenn ein Land die Maskenpflicht wiedereinführen wolle, könne es das tun:
Morgen sitzen die Ländervertreter wieder zusammen. Dann wird der Bundesrat das neue Infektionsschutzgesetz beraten. Blockieren können sie es allerdings nicht. Formal könnten sie den Vermittlungsausschuss anrufen. Das wäre jedoch "völlig sinnlos", so Bundesratspräsident Bodo Ramelow (Linke).
Denn dann würden alle Maßnahmen schon am 20. März auslaufen und die einmalige Verlängerung bis April, die die meisten Länder beschlossen haben, wäre passé.
- Warum steigt die Inzidenz schon wieder?
Es werden wieder mehr Corona-Infektionen gemeldet - zuletzt mit mehr als 250.000 pro Tag so viele wie noch nie. Wieso? Und was bedeutet das für die kommenden Wochen?