Kurz vor dem Fest scheint sich die Corona-Lage in Deutschland etwas zu entspannen. Doch: Omikron könnte den Trend umkehren, fürchten Experten.
Zehn Tage vor Heiligabend stehen mit Blick auf Corona die Zeichen zumindest etwas auf Entspannung. Offenbar stecken sich in Deutschland inzwischen wieder weniger Menschen mit dem Virus an. Noch vor kurzem hieß es, der ausbleibende Anstieg liege vor allem an überforderten Behörden.
Nun sinken die Fallzahlen wohl tatsächlich. Auch die Zahl der Menschen, die ins Krankenhaus kommen, steigt nicht mehr. Aber zum Durchatmen bleibt wohl kaum Zeit, warnen Experten.
Die gute Nachricht: Die Zahlen sinken tatsächlich
Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete zuletzt einen deutlichen Rückgang der Fallzahlen. Die Sieben-Tage-Inzidenz sank von mehr als 450 Ende November auf zuletzt unter 400. Besonders deutlich war der Effekt in einigen schwer betroffenen Bundesländern.
Zunächst gab es Anhaltspunkte, dass der Rückgang der Zahlen eher an überlasteten Gesundheitsämtern und Laboren lag als an einer tatsächlichen Entspannung der Lage. Nun kommen die Ämter aber wieder etwas besser mit dem Übermitteln von Corona-Nachweisen hinterher, sagt Ute Teichert, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.
Dazu kommt: Auch die bundesweite Zahl erwachsener Corona-Patienten auf Intensivstationen hat sich in den vergangenen Tagen bei knapp 5.000 stabilisiert.
So interpretieren Experten die aktuellen Zahlen
Der Epidemiologe Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig geht von einer tatsächlichen Entspannung der Lage aus: "Das liegt hauptsächlich an Fortschritten beim Impfen und an 2G". 2G-Regeln seien einerseits ein Anreiz für Ungeimpfte, sich immunisieren zu lassen. Andererseits kämen durch diese Regel nicht-immunisierte Menschen seltener mit dem Virus in Kontakt.
Sein Kollege Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen spricht von einer "erfreulichen Entwicklung, auch wenn Unsicherheiten bestehen". Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach schrieb am Montag auf Twitter:
Amtsärzte-Verbandschefin Teichert drückt es jedoch etwas vorsichtiger aus: Es sei nach wie vor schwierig zu beurteilen, ob es einen echten Rückgang bei den Neuinfektionen gebe oder ob die Werte weiterhin stark von einer Untererfassung geprägt seien. "Vermutlich ist beides der Fall."
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Omikron könnte den positiven Trend umkehren
Die erfreuliche Entwicklung könnte allerdings nur von kurzer Dauer sein. Die neue Corona-Variante Omikron habe bislang noch nicht nennenswert in Deutschland Fuß gefasst, sagt HZI-Forscher Krause. Er geht aber mit Blick auf andere Ländern davon aus, dass sich das bald ändert.
Um Deutschland gegen Omikron zu wappnen, sollten sich so viele Menschen wie möglich impfen und boostern lassen, sagt Krause. Außerdem sollen die aktuell geltenden Maßnahmen umfassender umgesetzt werden: "Es sollten jetzt rigoros und lückenlos die 2G-Regeln längerfristig durchgesetzt werden, bis dass wir erkennen können, welche Anpassungen durch Omikron nötig werden", so Krause.
Omikron hat den bisher vorliegenden Daten nach eine deutlich höhere Übertragungsrate als die zuvor dominierende Delta-Variante - wahrscheinlich, weil sie stärker auch Genesene und Geimpfte infiziert. Zur Schwere der Erkrankungen durch Omikron gibt es laut RKI noch keine gesicherten Erkenntnisse.
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