Corona-Pandemie: Stiko-Chef Thomas Mertens kündigt bei "Markus Lanz" an, die Booster-Empfehlung ab 18 Jahre wird wohl kommen. Auch teilt er gegen Söder aus.
Im Juli schon war dem Chef der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, klar, wie schlimm die vierte Corona-Welle werden wird. Wie er am Dienstagabend bei Markus Lanz schilderte, hatte er diese Erkenntnisse aus einer Modellierung des Robert-Koch-Instituts gewonnen.
Einen wissenschaftlichen Aufschrei hatte es in den letzten Monaten dazu aber nicht gegeben. Mertens: "Aus der heutigen Sicht hätte man das lauter sagen müssen." Mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn habe er aber "sehr oft" über WhatsApp und Signal kommuniziert. "Er kannte das auch. Diese Daten aus dem Robert-Koch-Institut waren eigentlich allgemein bekannt. Das war keine geheime Wissenschaft, das waren ja publizierte Daten." [Volle Intensivstationen: Wie heftig die vierte Corona-Welle gerade ist, zeigt die Grafik.]
Mertens zur "epidemischen Notlage" und Jens Spahn
Dass Spahn trotz dieses Wissens Mitte Oktober davon sprach, die "epidemische Notlage" Ende November auslaufen lassen zu wollen, erklärte der Stiko-Chef vage mit dem "Spannungsfeld" ganz "verschiedener Stränge", in dem sich Politiker befänden.
In einem "Spannungsfeld" befindet sich Mertens auch selbst oft. Erzeuger dabei vor allem: Markus Söder. Auch wenige Stunden vor der Lanz-Sendung hatte Bayerns Ministerpräsident bei "Bild TV" die Stiko mal wieder harsch kritisiert: "Was mich persönlich so unglaublich nervt: Überall anders in der Welt wird, wie beispielsweise in Israel, schneller geimpft."
Stiko-Chef: Impfdurchbrüche gibt es überall
Und weiter: "Wir haben zum Beispiel im Moment immer noch die Empfehlung, dass die Menschen über 70 eine Auffrischungsimpfung bekommen sollen. Dabei wissen wir, dass es Impfdurchbrüche überall gibt."
Zum Hintergrund: Söder bezieht sich hier darauf, dass die Stiko, anders als die Gesundheitsministerkonferenz, eine Auffrischungsimpfung vorerst nur für über 70-Jährige empfohlen hat, die seit mindestens sechs Monaten einen vollständigen Impfschutz haben. In der Empfehlung der Gesundheitsminister gibt es keine Altersbeschränkung.
Stiko-Chef teilt gegen Söder aus: Israel-Vergleich hinke
Mertens konterte Söders Kritik. Dessen Israel-Vergleich hinke. Denn auch Israel habe konsequent mit dem (Auffrischungs-)Impfen der älteren Bevölkerungsgruppen angefangen. Dort sei also das Vorgehen nicht anders gewesen, als jetzt von der Stiko empfohlen: In der Alterspyramide oben anfangen und dann nach unten arbeiten.
Ohnehin gäbe es, anders als aktuell kommentiert, keinen Unterschied zwischen Stiko-Empfehlung und Empfehlung der Gesundheitsminister zur Auffrischungsimpfung. Die Leute, die bereits seit sechs Monaten den vollständigen Impfschutz hätten, seien ja mehrheitlich die über 70-Jährigen.
Ansteckungen reduzieren - Booster ab 18?
Diese Gruppe bräuchte die Auffrischungsimpfung auch am dringendsten für ihren Individualschutz, den möglichst starken und erneuerten Schutz vor schweren Verläufen. Bei jüngeren Gruppen, die mobiler seien und mehr Kontakte hätten, gehe es eher darum, Ansteckungen zu reduzieren.
Gerade darum fand es Mertens auch bedenklich, dass erst elf Prozent der über 60-Jährigen eine Auffrischungsimpfung bekommen hätten. "Das ist das Problem im Augenblick", sagte Mertens.
Wann eine neue Stiko-Empfehlung zur Auffrischungsimpfung komme, wollte Lanz dann noch von Mertens wissen. "Wir werden morgen wieder über die fortgeschriebene Empfehlung beraten und es wird nicht lange dauern, dann wird die jetzt von Ihnen reklamierte Empfehlung auch kommen", so Mertens. "Bis 18" runter, sagt er bei "Markus Lanz". [ab Minute 44 im Video.]
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