Corona gerät außer Kontrolle, mehr Menschen sterben. Doch die Impfskepsis bleibt. Ministerpräsident Stephan Weil will die "Schrauben deutlich anziehen", aber keine Impfpflicht.
Etwa 16 Millionen Deutsche lassen sich nicht gegen Corona impfen, obwohl sie dürften. Gleichzeitig gibt es täglich neue Höchstwerte bei Neuinfektionen und Inzidenz, die Intensivstationen füllen sich in vielen Landesteilen alarmierend schnell. "Es wird fürchterlich", sagte Virologin Melanie Brinkmann am Mittwochabend in der ZDF-Sendung "Markus Lanz".
Brinkmann warb für eine Impfpflicht, die nun auch vor dem Verfassungsgericht die notwendige Verhältnismäßigkeit hätte.
Die Virologin Melanie Brinkmann will eine 2G-Regelung. Die Kombination aus diesem Druck und mehr Aufklärung nehme den Impf-Zweiflern Ängste, sagt sie bei Markus Lanz.
Weil: Impfpflicht wäre Eingriff in Grundrechte
Eine Meinung, die in der Runde harsche Diskussionen auslöste. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der zugeschaltet war, scheute ein "Ja" zur Impfpflicht.
"Man kann es drehen und wenden, wie man will", sagte Weil, "aber eine Impfung von Staats wegen angeordnet, zwangsweise, ist ein schwerer Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit." Das sei die Verfassungslage. Damit eine Impfpflicht also überhaupt juristisch umsetzbar wäre, so Weil, müsste man vorher jedes mildere Mittel ausgetestet haben.
Gleichzeitig war aber auch Weil der Ansicht, dass "die Wurzel des Übels" darin bestehe, dass sich eine große Zahl von Menschen nicht habe impfen lassen. Weil wies außerdem darauf hin, dass eine "nennenswerte Zahl von Menschen", die sich überhaupt nicht impfen lassen wolle.
Der soziale Druck auf die Ungeimpften steigt. Wer sind die Menschen, die sich nicht gegen Corona impfen lassen wollen und was sind ihre Gründe? Eine Spurensuche in Thüringen.
Er sprach von jedem fünften Erwachsenen. "Da stehe ich auch vor einem Rätsel", sagte Weil. Teils gab er daran auch Fake News die Schuld. "Die schlimmste und widerwärtigste ist meines Erachtens diese Lüge, dass junge Frauen durch die Impfung unfruchtbar werden", sagte Weil, "das finde ich wirklich furchtbar."
Weil für mehr Druck auf Ungeimpfte
Um dennoch möglichst viele Menschen von der Impfung zu überzeugen, warb Weil für mehr Druck. "Wir werden die Schrauben deutlich anziehen müssen."
Als Beispiel nannte Weil auch die von den Ampel-Parteien geplante 3G-Regelung am Arbeitsplatz. Die solle dazu führen, dass ungeimpfte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen das tägliche Testen irgendwann leid seien und dann doch noch zur Impfung gehen würden.
Außerdem habe man "flächendeckend eine Bewegung zu 2G", sagte Weil. Eine schwammige Aussage, die er damit verteidigte, dass etwa im Süden Deutschlands die Fallzahlen "astronomisch hoch" seien, in anderen Landesteilen eher moderat.
Latif plädiert für Impfpflicht
Als Weil dann von der Option auf 2G-plus sprach, die möglicherweise irgendwo, irgendwie kommen könnte, schaltete sich ein weiterer Talkgast ein: Mojib Latif. "Ich werde wahnsinnig, ich ertrage das nicht", schimpfte der Klimaforscher. "Es brennt lichterloh und wir diskutieren darüber, ob wir die Feuerwehr rufen sollen oder nicht." Täglich würden 200 Menschen sterben, das könne nicht angehen.
"Ich möchte endlich mal Taten sehen, dass das aufhört, dass die Menschen nicht mehr sterben", so Latif. "Verdammt nochmal, dann muss auch mal eine Impfpflicht her. In Altenheimen beispielsweise." Natürlich müsse Freiheit garantiert werden. Die sei ein ganz hohes Gut.